Stromkonzerne könnten Weltmeister werden

DIW: Zertifikatshandel ist historische Chance für deutsche Energiekonzerne. Kabinett billigt Energiewirtschaftsgesetz

BERLIN taz ■ Die Deutsche Energiewirtschaft hat große Chancen, sich eine weltweite Marktführerschaft zu sichern – allerdings nur, wenn sie zügig investiert. Zu diesem Schluss kommt eine Untersuchung des Deutschen Institutes für Wirtschaft (DIW), die gestern in Berlin vorgestellt wurde.

Die Chance ist eher zufällig: In den nächsten 10 bis 20 Jahren muss fast die Hälfte des konventionellen deutschen Kraftwerkparks erneuert werden. Da heute der Klimaschutz ein relevanter Kostenfaktor ist, stärke sich der Akteur im Wettbewerb, der rechtzeitig in zukunftsweisende Technologien investiert. „Die meisten der weltweit aktiven Energiekonzerne haben diese Chance nicht, weil ihre Kraftwerke noch nicht abgeschrieben sind “, sagt die Volkswirtschaftsprofessorin Claudia Kemfert, Abteilungsleiterin Energie beim DIW.

Deutschland ist für knapp ein Viertel der Treibhausgasemission in Europa verantwortlich und damit größter Einzelverursacher. Um die Kohlendioxid-Emissionen weiter zu senken, hatte die EU 2003 eine Richtlinie zum Handel mit Emissionsrechten verabschiedet. Bundesumweltminister Trittin musste sich bei der Ausgestaltung dieser Richtlinie viel Kritik der Energiewirtschaft gefallen lassen, die Wettbewerbsnachteile auf dem europäischen Markt befürchtete. Das DIW kommt nun zum gegenteiligen Schluss: Die Befürchtungen seien völlig unbegründet. Eine DIW-Modellsimulationen zeigt, dass der Handel den großen deutschen Stromanbietern einen Gewinnzuwachs bringt. „Würde der Zertifikatspreis bei 20 Euro liegen, könnte nach unseren Berechnungen beispielsweise Eon seinen Gewinn um ein halbes Prozent steigern“, so Kemfert.

Allerdings: Diese Vorteile lassen sich nur umsetzen, wenn die deutschen Konzerne bald investieren. Daher müssten jetzt die Ausgaben in Forschung und Entwicklung für erneuerbare Energien und andere umweltfreundliche Technologien drastisch erhöht werden.

Wegen der langen Amortisationszeit eines Kraftwerks brauchen die Konzerne allerdings Investitionssicherheit. Diese soll das Energiewirtschaftsgesetz garantieren, das gestern vom Kabinett beschlossen wurde. Es sieht unter anderem zum 1. Januar 2005 eine Regulierungsbehörde für den Strom- und Gasmarkt vor, die für mehr Wettbewerb sorgen soll. „Energiepreise werden billiger“, erklärte Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement. Verbraucherschützer bezweifeln das allerdings. Zweifel, die die Opposition teilt. „Die Regulierungsbehörde sollte so unabhängig werden wie die Bundesbank“, forderte etwa Saarlands Wirtschaftsminister Hanspeter Georgi (CDU). Eine Forderung, die Relevanz hat: Das Energiewirtschaftsgesetz ist im Bundesrat zustimmungspflichtig.

NICK REIMER

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