schurians runde welten
: Wulle, wacker, Ulllacker

„Auf meinem Höhepunkt hatte ich dann leider die Grippe in den Gliedern.“ (Jan Ullrich)

Ich möchte heute über den Sportler neuen Typs schreiben, nenne ihn Jachael Ulllacker. Und Ulllacker wird bald an Stelle von Oliver Kahn treten – das „exzessive“ Medienopfer, das sich in Talkshows setzt, um über sich als „exzessives“ Medienopfer zu sprechen, was dazu führt, dass wir über ihn als „exzessives“ Medienopfer Bescheid wissen, was wir nicht wollen, dafür aber Kahn; oder umgekehrt. Alles Verstanden?

Der Titan ist also Geschichte. Er kann noch so laut in den Wattenscheider Abendhimmel brüllen. Denn die Jachael Ulllackers sind sich selbst genug, die Kinder des Ellenbogens haben etwas gelernt: Dass sie letztlich allein sind auf der Welt, nur für sich gewinnen und verlieren. Auch wenn draußen genörgelt, drumherum gejubelt und am Berg gekreuzigt wird – sie wissen, sie können nicht jedes Rennen gewinnen, nicht jede Chance verwandeln. Sie sind kühler, ihre Worte ausgewogen wie die der Sphinx – aber selbst dieses Etikett bleibt nicht haften auf ihrer Stirn, der schweißgeölten. Zufriedenheit, und mehr können wir alle nicht erreichen, bekommt man eben nicht verpasst.

30.7. Umziehen in Gladbach

Mal unter uns Zuschauern: Nachdem wir gesehen haben wie die Ulllacker oder Kahns japsend alles wollten, tagelang oder auch nur für 90 Minuten – was können wir ihnen vorwerfen? Ich habe mich schon immer geschämt. Auf dem Sofa ist gut stinken.

In Gladbach geschieht heute etwas Außergewöhnliches. Endlich können auch Anhänger anpacken, ein Tagwerk für Borussia. Am heutigen Freitag kehrt Mönchengladbach dem Bökelberg den Rücken, die Fans haben den Umzug übernommen. Ihr Motto „Der Mythos zieht um“. Deshalb hat der Mythos einen Wagen bekommen, transportiert wird ein zerbrochenes Tor, eine Coladose, Netzer, eine Trommel und Pokale. Zufrieden?

30.7. Blitzturnier

Weil sich aber im neuen Borussiapark alle gelöst in den Armen liegen wollen, wird auch Fußball gespielt. Alte und neue Sportler treffen aufeinander: Bayern, Gladbach, Monaco. Der Torwart-Titan trifft Gladbachs Thomas Broich, Jungexistenzialist, auch ein Ulllacker, aber kein Netzer. Der hat auch damals nur ans Geld gedacht, die Stadionzeitung vermarktet, Rollkragen getragen und Sartre für einen französischen Zweitligaclub gehalten. CHRISTOPH SCHURIAN