„Liga ist liebes Kind“

taz-Interview mit Paul Jäger, Geschäftsführer von Fortuna Düsseldorf, über Drittliga-Fußball und seinen Höllentrip

taz: Bitte vervollständigen Sie den Satz, Herr Jäger. Die Nationalmannschaft ist des Deutschen liebstes Kind, und die Fußball-Regionalliga ist...Paul Jäger: Sie wollen jetzt nicht Stiefkind hören, oder? Nein, die Fußball-Regionalliga ist den Fans ein liebes Kind. Der Stellenwert der beiden dritten Ligen ist hoch, das zeigen schon die guten Zuschauerzahlen. Für den DFB hat die Regionalliga hohe Bedeutung für die Nachwuchsförderung.

Jeder Regionalliga-Verein muss sechs Spieler unter 24 Jahren im Kader haben. Vielen Drittliga-Clubs geht diese erzwungene Nachwuchsförderung auf die Nerven.Das ist ein Problem. Es kann nicht sein, dass nur die Regionalliga-Vereine für die Talentförderung zuständig sein sollen. Warum sollten nicht auch die Clubs der Zweiten Bundesliga verpflichtet werden, junge Spieler in ihre Kader aufzunehmen. Im Interesse aller Vereine sollte das beim DFB angesprochen werden.

Die Bundesliga wehrt sich gegen Jugend-Quoten und macht die Regionalliga gleichzeitig durch ihre Reservemannschaften unattraktiv.In der Bundesliga könnte man die Nachwuchsförderung aus EU-rechtlichen Gründen wohl nur als Gentlemen‘s Agreement durchsetzen. Aber das sind ja alles Ehrenleute, warum soll es also nicht funktionieren. Das mit den vielen Zweitvertretungen von Bundesliga-Vereinen in der Regionalliga ist sicher nicht gut für die Optik. Das ist schade für die Zuschauer und schlecht für das Medieninteresse. Ich habe deshalb schon vor zwei Jahren eine „Reservemannschaften-Bundesliga“ vorgeschlagen.

Und sind damit gescheitert.Man muss darüber wieder diskutieren beim DFB. Eine solche Liga könnte man anbinden an die Amateur-Oberligen. Auch international könnte man analog zu den Wettbewerben der Profimannschaften die Reservemannschaften gegeneinander antreten lassen.

Besonders regen sich die Vereine über den Einsatz von Profis in den Reserve-Teams auf.Die Wettbewerbsverzerrung ist weiter ein Thema. Kurzfristig wird man das nicht ändern können. Wichtig ist mir, dass wir eine mittelfristige Vision für den drittklassigen Fußball entwickeln. Eine eingleisige 3. Bundesliga ohne Reservemannschaften wäre möglicherweise so ein Ziel.

Die Vereine haben auch Geldprobleme, weil sie abgeschnitten sind von den TV-Geldern des Profifußballs. Wie lang kann sich ein Verein wie Fortuna Düsseldorf einen Etat von vier Millionen Euro leisten?Lange, wenn die Werbeeinnahmen auch weiterhin stimmen. Unser Abstieg in den Amateurfußball hatte auch positive Folgen. Die gesamte Finanzkrise nach der Kirch-Pleite ist an uns vorbei gegangen, weil wir nicht in der Bundesliga waren in den letzten Jahren. Dieses Damoklesschwert hat uns nicht erwischt.

Gleichwohl droht vielen Regionalliga-Clubs die Pleite.Durch das Lizenzierungsverfahren beim DFB ist das bislang verhindert geworden. Ich gehe davon aus, dass kein Verein in der laufenden Saison aus finanziellen Gründen den Spielbetrieb einstellen muss.

Sie sind jetzt seit rund 15 Jahren im Vorstand oder in der Geschäftsführung von Fortuna Düsseldorf. Von der Bundesliga bis zur Oberliga haben sie in allen Klassen gearbeitet.Ja, das war ein Höllentrip. Besonders schlimm waren die Abstiege. In Düsseldorf ist das noch schlimmer als anderswo. Hier steht man dann wirklich am Pranger. Aber wir wollen noch in diesem Jahrzent zurück in die Erste Liga.

INTERVIEW: MARTIN TEIGELER