Frühstart in der Schweineliga

Am Wochenende startet die Regionalliga Nord in die neue Saison. Ohne große Favoriten nimmt die Übergangsklasse zwischen Profi- und Amateurfußball den Spielbetrieb auf. Ligareform wurde vertagt

VON HOLGER PAULER
und MARTIN TEIGELER

Der drittklassige Fußball muss als Erstes ran. Nach knapp acht Wochen Sommerpause startet heute abend die Regionalliga Nord in die Spielzeit 2004/2005. Die Vertreter aus Nordrhein-Westfalen, mit acht Teams die größte Sektion unter den insgesamt 18 Mannschaften, greifen dabei erst ab Morgen ins Geschehen ein – mit dem West-Ost-Treffen KfC Uerdingen gegen SC Paderborn und dem West-Klassiker Preußen Münster gegen Fortuna Düsseldorf.

Nach zweijähriger Abstinenz will der Aufsteiger aus der Landeshauptstadt das erste Regionalliga-Jahr dazu nutzen, sich mittelfristig wieder an den Profi-Fußball heranzutasten. „Wir werden alles dafür tun, eine gute Rolle zu spielen“, sagt Trainer und Trapattoni-Schüler Massimo Morales. Ehemalige Profis wie Thomas Hoersen oder Gustav Policella sollen dabei helfen. Spätestens in drei Jahren soll der Verein wieder zurück in den bezahlten Fußball. Verantwortlich dafür: Weltmeister Thomas Berthold als Sportdirektor. Ab September steht den Düsseldorfern sogar die neue Multifunktionsarena an Stelle des alten Rheinstadions zur Verfügung. 51.500 Fans haben Platz. Gegner wie Holstein Kiel oder Amateure des VfL Wolfsburg werden das Stadion auf Dauer nicht füllen können.

Mannschaften wie Fortuna Düsseldorf zeigen, dass die Regionalliga mehr denn je als Übergangsliga anzusehen ist – vor allem für Traditionsclubs. Ein längerer Aufenthalt kann schaden: Im vergangenen Jahr stieg die SG Wattenscheid 09 nach etlichen Jahren Bundes- und zuletzt Regionalliga in die Viertklassigkeit ab. Zwei verpasste Aufstiege hatten Geld und Spieler gekostet. Im entscheidenden Spiel bei Preußen Münster gab es eine Niederlage. Trainer Hannes Bongartz, der Ur-Wattenscheider, nahm seinen Abschied. Wiederkehr unwahrscheinlich. Die Preußen konnten sich retten und dürfen wieder ran. Neben dem KFC Uerdingen ist Preußen Münster der einzige Club, der seit Gründung der Regionalliga Nord im Jahre 2000 dabei ist. Wie lange noch? Geld für neue Spieler ist mal wieder nicht vorhanden. In diesem Jahr droht dem Bundesliga-Gründungsmitglied wieder der Abstiegskampf.

Nach oben wollen der SC Paderborn und der Wuppertaler SV. „Paderborn hat sich nach der ohnehin schon guten Vorsaison hochkarätig verstärkt“, meinte Uwe Neuhaus, Trainer der Amateure von Borussia Dortmund. Erfahrene Spieler wie Alexander Löbe und Rene Müller gehören zum neuen Kader. Konkurrenz droht den Paderbornern laut Einschätzung der Regionalliga-Trainer vor allem vom VfL Osnabrück – mit Trainer Claus-Dieter „Pele“ Wollitz.

Wuppertal setzt auf eine neue sportliche Leitung. Trainer Georg Kreß wurde während der Vorbereitung geschasst, obwohl er den Aufsteiger im letzten Jahr auf Platz vier geführt hatte. Nachfolger wurde Werner Kasper, ehemals Leiter der Reserve. Kreß wurde vom ehrgeizigen Präsidenten Friedhelm Runge vorgeworfen, den Aufstieg in die zweite Liga verbaselt zu haben. Kasper soll es besser machen. So schnell wie möglich. Doch in der Regionalliga bleibt keine Zeit. Am Wochenende startet der WSV gegen den FC St. Pauli.

„Schweineliga“ hat Jürgen Gelsdorf, Coach des nach jahrelanger Drittklassigkeit endlich in die 2. Bundesliga aufgestiegenen Rot-Weiß Essen, der Spielklasse zwischen Profi- und Amateur-Fußball zum Abschied hinterhergerufen. Von der Wettbewerbsverzerrung durch den Einsatz bekannter Bundesliga-Kicker in den Zweitvertretungen der Proficlubs bis zu den willkürlichen Jugendquoten für alle Vereine – die Regularien der Regionalliga stören nahezu alle Trainer und Manager. Doch seit Jahren vertagt der DFB eine grundlegende Reform der Drittliga.

Paul Jäger, Geschäftsführer von Fortuna Düsseldorf, fordert erneut Strukturreformen für den unterklassigen Spielbetrieb (siehe Interview), doch Bundesliga und Fußballverband blockieren bislang eine Aufwertung der Regionalliga. Und so müssen sich die Fans von Düsseldorf bis Paderborn weiterhin über Spiele gegen sieben Reserveteams aus der Bundesliga ärgern. Nur Schalke 04 und Bayer Leverkusen denken über die Abschaffung ihrer Amateur-Teams nach – doch die spielen nicht in der Regionalliga.