Frührente im Visier

Rot-Grün streitet über Erhöhung des Renteneintrittsalters von 65 auf 67 Jahre. Rürup-Kommission nimmt ihren Bericht mit einer Enthaltung an

BERLIN dpa/epd/taz ■ Jubel klingt anders. Anlässlich der letzten Sitzung der Rürup-Kommission erklärte SPD-Generalsekretär Olaf Scholz gestern, die Vorschläge der Kommission zur Sanierung der Sozialsysteme müssten „sorgfältig geprüft“ werden. Klar sei, dass die Frühverrentung beendet werden müsse. Scholz sagte, dass im Herbst in „einem Schritt“ entschieden werde, wie der Beitragssatz zur Rentenversicherung stabil bleiben und die Renten langfristig finanziert werden sollen.

Der zentrale Kommissionsvorschlag zur Rente, die Heraufsetzung des Renteneintrittsalters von 65 auf 67 Jahre bis zum Jahr 2035, sorgt in den rot-grünen Reihen für Ärger. Der SPD-Vizefraktionschef, Michael Müller, erklärte gestern, klar dagegen zu sein. Sozialministerin Ulla Schmidt und Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (beide SPD) haben dagegen schon vage Zustimmung signalisiert.

Die Grünen-Parteichefin Angelika Beer distanzierte sich von der Vizefraktionsvorsitzenden Thea Dückert, die den Rürup-Vorschlag unterstützt hatte. Beer sagte, der Kommissionsbericht werde nicht „eins zu eins“ umgesetzt. „Und auch nicht alles, was Frau Dückert sagt, wird eins zu eins umgesetzt“, fügte sie hinzu.

Vorrang habe eine Annäherung des tatsächlichen Renteneintrittsalters von 60,5 an die derzeitige gesetzliche Altersgrenze von 65 Jahren. Beer schloss jedoch auch eine Verschiebung der Rentenerhöhung im kommenden Jahr nicht aus.

Dazu erklärte CDU-Chefin Angela Merkel gestern: „Eine losgelöste Nullrunde als Akutbehandlung, das halte ich für falsch.“ Auch die Union setzt auf die Anhebung des faktischen Renteneintrittsalters in Richtung 65 Jahre. Eine Konsensrunde wie bei der Gesundheit werde es jedoch nicht geben, sagte Merkel.

Der Kommissionsbericht, der am Donnerstag offiziell vorgestellt wird, wurde gestern mit einer Enthaltung angenommen. Zu den jeweiligen Vorschlägen in Rente, Gesundheit und Pflege gibt es Dutzende Minderheitsvoten, in denen vor allem die Gewerkschaftsvertreter die Reformansätze der Mehrheit kritisieren. Die DGB-Vizechefin Ursula Engelen-Kiefer ventilierte gestern ihren Frust über die 26-köpfige Runde: Die Arbeit sei von „Hahnenkämpfen“ bestimmt gewesen. Zum Vorschlag, das Rentenalter zu erhöhen, sagte sie: „Es ist alles durch die Brille der professoralen Teilnehmer in privilegierten Funktionen gesehen worden – dass viele von ihnen gern bis 67 arbeiten wollen, bestreitet ja keiner.“ UWI

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