Der SPD die Szene gezogen

Sozialdemokratische Medienholding DDVG plant Rückzug als Mehrheitsgesellschafter der Hamburger Stadtillustrierten

Unruhiges Fahrwasser für die Hamburger Stadtillustrierte Szene. Nach einer Entlassungswelle im vergangenen Jahr und einer anhaltenden finanziellen Schieflage hat jetzt der Mehrheitsgesellschafter, die SPD-eigene Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft (DDVG), ihren Rückzug aus dem Stadtmagazin beschlossen. „Es gibt Gespräche mit dem Ziel, die Gesellschafterstruktur zu verändern und das Unternehmen ohne uns fortzuführen“, bestätigte DDVG-Geschäftsführer Gerd Walter der taz.

Mit wem derzeit über die Übernahme des 75-prozentigen Anteilspakets an der „Hamburger Stadtzeitschriften Verlagsgesellschaft“, dem Herausgeber des Magazins, verhandelt wird, mag Walter nicht verraten. Nach taz-Informationen aber will Minderheitsgesellschafter Gerhard Fiedler, zugleich Chefredakteur des Blattes, den Verlag ganz übernehmen. Die Gespräche sollen in wenigen Wochen abgeschlossen sein und die Szene-Belegschaft bereits am kommenden Montag über den aktuellen Verhandlungsstand informiert werden.

Dabei sind Einbrüche im Anzeigengeschäft nicht der Hauptgrund, warum sich die Wege von DDVG und Szene bald trennen werden. Die SPD-eigene Holding erwarb im Mai eine 90-prozentige Beteiligung an der finanziell angeschlagenen Frankfurter Rundschau (FR) für geschätzte 90 Millionen Euro und bewahrte die Traditionszeitung damit vor dem Aus. Das Frankfurter Engagement bindet zur Zeit fast alle personellen Resourcen der DDVG – da sich die Finanzlage der FR nach Insiderinformationen „noch desaströser darstellt, als die Herren von der DDVG erwartet haben“.

Für zusätzliche Verunsicherung unter den Szene-MitarbeiterInnen sorgt zudem ein anonymes Schreiben, das der taz hamburg vorliegt. In dem angeblich von der „eingeschüchterten und verängstigten Belegschaft“ des Stadtmagazins verfassten Schreiben wird die Behauptung kolportiert, dass in der Vergangenheit die „Auflagenzahlen von offiziell rund 30.000 verkauften Exemplaren horrend geschönt wurden“. Ein Gerücht, dass Walter „nicht kommentieren“ mag: „Zu anonymen Briefen nehme ich grundsätzlich keine Stellung.“

In der Szene-Belegschaft wird davon ausgegangen, dass der anonyme Brief, der über diverse Insider-Informationen verfügt, „keinesfalls aus unserem Hause“ stammt, sondern das Stadtmagazin gezielt schädigen soll. Die Stimmung in der Verlagszentrale am Schulterblatt in Eimsbüttel aber ist aufgrund solcher Vorkommnisse und der unsicheren Zukunft ohnehin auf dem Tiefpunkt. Marco Carini