Wer beißt hier wen?

Gerichtsposse um einen Hundebesitzer: Polizeibericht und Anklageschrift sind fehlerhaft – das Verfahren eingestellt

bremen taz ■ Die Polizei suchte einen bärtigen 30-Jährigen, dessen Hund eine Bisswunde aufweist. Sie fand einen glattrasierten 40-Jährigen und ein unverletztes Tier. Im Bericht, den die Beamten anschließend verfassen, stimmt wenig: Hundebesitzer Harald K. erscheint dort mit dem Namen seines Nachbarn.

Das war im September 2003. Gestern stand Harald K. vor dem Bremer Amtsgericht. Der Vorwurf laut Anklageschrift der Staatsanwaltschaft: Seine unangeleinte Mischlingshündin soll die Zeugin M. angesprungen und sie so zu Fall gebracht haben. Dabei habe sie sich eine tiefe „Risswunde an der Wade“ zugezogen. Oder so ähnlich – wie sich gleich zu Beginn der Verhandlung herausstellte: M. erlitt in Wahrheit einen blauen Fleck am Oberschenkel.

In zunehmend gelöster Stimmung lauschen Richterin und Staatsanwältin anschließend K.s Version der Geschehnisse. Als sein Sohn von der Schule nach Hause gekommen sei und die Tür geöffnet habe, sei seine Hündin aus der Wohnung entwischt. Nur wenig später sei er auf die Straße geeilt, wo sein Tier gerade den Hund einer sich entfernenden Passantin verbellte. Anzeichen eines Sturzes habe er allerdings nicht gesehen.

Trotzdem erhielt K. noch am gleichen Tag Besuch von der Polizei, zwei Tage später wurde zudem M.s Mutter bei ihm vorstellig. K.s Tier habe M.s Hund gebissen, woraufhin Letzterer von einem Tierarzt versorgt werden musste, so ihr Vorwurf.

Dumm für K.: Er war zu diesem Zeitpunkt wegen einer Beamtenbeleidigung auf Bewährung. Deshalb übernahm er die Tierarztrechnung. „Ich konnte mir keinen Ärger leisten“, sagt K. Anschließend sei er davon ausgegangen, dass die Sache erledigt sei. „Als die Vorladung ins Haus flatterte, bin ich aus allen Wolken gefallen.“

Die Richterin konnte sich bei K.s Bericht ein Schmunzeln nicht verkneifen. „Heute sind wir einmal milde“, sagte sie anschließend. Die angeblich geschädigte M. weile inzwischen in den USA und könne daher zurzeit nicht gehört werden. Verfahren eingestellt.

Immerhin fand das Gericht eine Erklärung für den peinlichen Fauxpas der Staatsanwaltschaft: Die vermeintliche „Risswunde an M.s Wade“, sie war in Wahrheit eine „Bisswunde an der Nase“ – von M.s Hund. ado