Edwards begeistert die Massen

Auf dem Parteitag legt sich der demokratische Kandidat für die US-Vize-Präsidentschaft mächtig für George W. Bushs Herausforderer John Kerry ins Zeug. Scharfe Kritik an Kampagne der Republikaner

AUS BOSTON MICHAEL STRECK

Als John Edwards die Bühne verließ, tanzte der Saal. Zuvor hatte der Kandidat für die Vizepräsidentschaft auf dem Parteikonvent der Demokraten am Ende seiner Rede in die Menge gerufen: „Hoffnung ist auf dem Weg“. Begeistert stimmte das Publikum in der Sportarena in den Schlachtruf ein. Als dann noch die HipHopper von den „Black Eyed Peas“ die Bühne stürmten, hielt es viele Delegierte nicht mehr auf ihren Sitzen.

Die Parteistrategen einschließlich John Kerry dürften diese Szenen mit großer Genugtuung verfolgt haben. Die Begeisterung der Menge dürfte ihn in seiner Entscheidung bestätigt haben, den eloquenten Senator aus North Carolina als „Running Mate“ gewählt zu haben.

Edwards tat alles, um seinem einstigen Rivalen vom Vorwahlkampf den Boden zu bereiten. Der Demokrat pries Kerry als Kandidaten mit einer „optimistischen“ und „positiven“ Vision für Amerika, lobte dessen Führungsstärke, erinnerte an dessen Heldentaten in Vietnam. Und er legte sich ins Zeug, um den Vorwurf gegen Kerry zu entkräften, der Herausforderung im Antiterrorkampf nicht gewachsen zu sein. Auch eine Regierung Kerry werde stets die Militärmacht der USA einsetzen, „um das amerikanische Volk zu schützen“, versicherte Edwards. An al-Qaida richtete er die Botschaft: „Ihr werdet nicht entkommen. Wir werden euch zerstören.“

Edwards redete jedoch vor allem über innenpolitische Themen und seine eigene Geschichte – ein Musterbeispiel des „American Dream“: vom Arbeitersohn zum erfolgreichen Anwalt. Damit erfüllte er die Rolle, die Kerry ihm im Wahlkampf zugedacht hat: die Wähler der Unter- und Mittelschicht zu mobilisieren und ein Gegengewicht zum Patrizier Kerry zu sein.

Viele Gäste waren begeistert. „Einfach exzellent“, meinte eine Frau aus Kalifornien. Viele freuten sich über die Energie und Vitalität, die Edwards in den Wahlkampf eingebracht hat. Manche machten sich jedoch Sorgen, er könne den oft als hölzern wahrgenommenen Kerry in den Schatten stellen. Andere sehen in der Ergänzung der beiden die große Chance.

Überraschend war Edwards’ Angriff auf die Republikaner und deren schmutzigen Wahlkampagne. Sie täten alles, „um den Wahlkampf um das höchste Amt auf das niedrigste Niveau zu drücken“. Bis zum November würden die „negativen Attacken“ noch zunehmen. Er spielte wohl auf ein an die Presse lanciertes Foto von Kerry an. Auf diesem Bild ist er bei einem Nasa-Besuch am Montag zu sehen, eingehüllt in einen hellblauen Raumanzug, der lediglich sein Gesicht frei lässt, als er etwas verkrampft lächelnd aus einer Röhre kriecht.

Erinnerungen werden wach an den Wahlkampf 1988, als der damalige demokratische Kandidat Michael Dukakis sich überreden ließ, mit einem viel zu großen Helm auf dem Kopf aus der geöffneten Luke eines Panzers in die Kameras zu strahlen. Das Bild gab ihn der Lächerlichkeit preis – und galt später als nicht unwesentlich für seine Niederlage gegen George Bush.

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