american pie
: Die WNBA-Saison ist für Linda Fröhlich zu Ende

Nur Beten hilft nicht

„PUSH“ – Pray until something happens – ist für die gläubige Linda Fröhlich nicht nur Lebensmotto, sondern auch Arbeitsanweisung. Der einzigen Deutschen helfen auf den Spielfeldern der US-amerikanischen Profibasketballliga WNBA weniger Gebete, sondern nur tatkräftige Pushs, mit denen sie ihre Gegenspielerinnen schiebt und schubst, um Rebounds und Punkte zu sammeln.

Linda Fröhlich hat gerade ihre zweite Saison mit New York Liberty abgeschlossen – und das unfreiwillig früh. Der Vorjahres-Vizemeister konnte sich nach der regulären Runde nicht für die Play-offs qualifizieren. In der Eastern Conference landete New York diesmal nur auf dem sechsten Rang, die vier Play-off-Plätze gingen an die Detroit Shock mit dem früheren NBA-Bösewicht der Detroit Pistons, Bill Laimbeer, als Trainer, an Charlotte, Connecticut und Cleveland. Top-Favorit für den Titel ist erneut Champion Los Angeles. Die Sparks mit ihrer überragenden Center-Spielerin Lisa Leslie dominierten die Western Conference und treffen in der ersten Runde auf das Team von Minnesota Lynx, welches sich in der Western Conference als viertes Team hinter Houston und Sacramento für die nächste Runde qualifizierte.

Kleine Erfolge in der ansonsten missratenen Saison konnte zumindest Linda Fröhlich feiern. Gegenüber ihrem Rookie-Jahr verdoppelte die 1,88 Meter große Flügelspielerin ihre Spielzeit und verachtfachte gar ihren Punkteschnitt. Durchschnittlich drei Punkte in acht Spielminuten bleiben aber noch ein mäßiges Niveau.

Immerhin: Ihr Saison-Ziel, „mehr Spielminuten“, hat die 24-Jährige erreicht. Und es sind genau diese – großen und kleinen– Ziele, die Linda Fröhlich als Aufgabe versteht und die sie antreiben.

„Sie war auf dem Spielfeld am Anfang etwas langsam“, erinnert sich Mutter Vineta Fröhlich. Die Lettin spielte früher als Centerin in der russischen Basketball-Nationalmannschaft. „Aber wenn sie etwas wollte, dann hat sie gekämpft und zugehört, was man ihr sagt. Sie hat einen Wahnsinnsehrgeiz.“ Vom Zweitligisten SC Rist Wedel wechselte die aus dem kleinen Oldendorf (Niedersachsen) stammende Linda Fröhlich 1998 zur University of Las Vegas (UNLV), führte die chronisch erfolglose Mannschaft 2002 ins Turnier der 64 besten College-Mannschaften (Ziel 1) und wurde von der New York Liberty im WNBA-Draft (Ziel 2) ausgewählt.

„Damit erfüllte sich ein Traum“, sagte sie. Statt in einer Turnhalle „vor der Familie und ein paar Freunden“ spielt sie im legendären Madison Square Garden vor durchschnittlich 10.000 Zuschauern, und „es ist jedes Mal ein Erlebnis“, sagt sie, wenn von den umlautlosen Amerikanern ihr an ein Hundefutter erinnernder Zuname „Fröhlich“ ausgerufen wird. Für diese Erlebnisse muss die Norddeutsche kräftig arbeiten, denn in der WNBA „geht es richtig hart zur Sache“. Da wird „geschoben, geschimpft und provoziert, um sich selbst aufzubauen“, sagt Linda Fröhlich, die als Star ihrer Collegemannschaft mit ganzen vier Minuten pro Spiel in ihrer ersten Profi-Saison auskommen musste.

Trainer Richie Adubato, vor der WNBA 19 Jahre in der NBA tätig, lobt die Deutsche obligatorisch-unverbindlich als „diszipliniert, hart arbeitend und siegeswillig“, setzt aber doch lieber auf eine kleine Rotation aus erfahrenen Spielerinnen – und Linda Fröhlich auf die Bank. Bei der fatalen 59:61-Niederlage in Charlotte im letzten Saisonspiel stand sie gar nicht auf dem Platz. „Das ist ein Prozess, durch den ich gehen muss, ich darf nicht aufgeben“, sagt die Deutsche. In diesen Worten klingt das optimistische Naturell mit, das exakt ihrem Zunamen entspricht und das sie antreibt, in jeder Trainingseinheit noch etwas zu lernen.

„Sie ist eine exzellente Passerin und Werferin, aber Athletik und Verteidigungsarbeit sind noch verbesserungswürdig, und das kann sie in den USA lernen“, sagt Frauen-Bundestrainer Olaf Stolz. Der sieht für Linda Fröhlich eine entscheidende Rolle im Generationswechsel samt Neuaufbau seiner Mannschaft, muss allerdings, wie schon in der WNBA-Saison, vorerst weiter auf die 24-Jährige verzichten. Ab Ende September wird sie ihre zweite Saison für den italienischen Erstligisten Rovereto Basket spielen, um ihr Gehalt aufzubessern.

In der WNBA hat sie in vier Monaten 34.000 Dollar verdient. Dirk Nowitzki kommt als einziger Deutscher in der NBA derzeit auf runde 13 Millionen Dollar im Jahr. Dafür pusht er allerdings acht Monate lang seine Gegenspieler hin und her.

THORSTEN SCHABELON