Auch Attac leidet unter West-Ost-Gefälle

Zur Sommerakademie in Dresden haben sich weniger Teilnehmer angemeldet als erwartet. Die Veranstalter suchen nun nach den Gründen. Möglicherweise liegt es am Veranstaltungsort im Osten. Im Westen wurde weiter gegen Vodafone demonstriert

AUS BERLIN NICOLAI FICHTNER

Eine Bildungsbewegung mit Expertise wollen sie sein. Deshalb veranstalten die Globalisierungskritiker von Attac seit 2002 jährlich eine Sommerakademie. Nach Marburg und Münster findet die dritte Auflage ab heute in Dresden statt. Die Veranstalter rechnen mit 600 Teilnehmern.

Im Mittelpunkt dürften die klassischen Attac-Themen Globalisierung und Nord-Süd stehen. Doch auch die Kritik an der Agenda 2010 der Bundesregierung findet ihren Platz.

Getrübt wurde die Stimmung jedoch durch die unerwartet geringe Zahl an Anmeldungen. Auch wenn dieses Jahr wieder viele Attac-Mitglieder spontan teilnehmen dürften, glauben die Veranstalter nicht daran, die Teilnehmerzahl des Vorjahrs zu erreichen.

Bei Attac rätselt man jetzt über die Ursachen des gesunkenen Interesses: Liegt es an der wenig zentralen Lage Dresdens? Oder an einer Ermüdung der Aktivisten angesichts zunehmender globalisierungskritischer Kongresseritis?

Ein Grund dürfte das West-Ost-Gefälle bei der Mitgliederzahl sein. „Unsere Basis hat es schwer im Osten“, erklärt Attac-Pressesprecher Malte Kreuzfeld. Seine Zahlen zur Verteilung der Attac-Mitglieder unterstreichen diesen Befund: Nur 2.500 von den insgesamt 15.000 Mitgliedern leben in den neuen Bundesländern. Über die Hälfte von ihnen kommt aus der Attac-Hochburg Berlin. Zum Vergleich: Allein in Nordrhein-Westfalen gibt es 5.000 Attac-Mitglieder.

Kein Wunder also, dass eine Sommerakademie in Münster mehr Zulauf hat als eine in Dresden. Karsten Bretschneider, der mit der Dresdner Attac-Ortsgruppe die Sommerakademie organisiert, kennt diese Schwierigkeiten: „Es ist schwerer, im Osten zu mobilisieren, da die Menschen hier weniger in Umweltverbänden, entwicklungspolitischen Gruppen oder Arbeitsloseninitiativen organisiert sind als im Westen.“

Dort hat Attac gestern erneut gegen den Mobilfunkkonzern Vodafone protestiert. Im Rahmen der seit einigen Wochen laufenden „Vodaklau“-Aktionen demonstrierten knapp 30 Mitglieder vor der Düsseldorfer Deutschland-Zentrale und zerschredderten etwa 50 Handy-Verträge von früheren Vodafone-Kunden. Hintergrund ist, dass Vodafone beim Kauf von Mannesmann entstandene Kosten in Höhe von 50 Milliarden Euro abschreiben will. Damit würden dem Staat rund 20 Milliarden Euro an Steuereinnahmen entgehen.