Stühlerücken in Birma

In der Junta wird ein moderaterer General Premier. Beobachter sind sich uneins, ob dies auf Reformen deutet

SINGAPUR taz ■ In Birmas Militärjunta hat die bisherige Nummer eins, der als Hardliner bekannte General Than Shwe, den Posten des Premierministers an den als moderater geltenden Khin Nyunt abgegeben. Der bis dato drittmächtigste Mann führt damit künftig offiziell die politischen Geschäfte. Than Shwe bleibt aber Staatsoberhaupt und Oberbefehlshaber der Armee. Das gaben die Militärs am Montagabend in den Staatsmedien bekannt.

Beobachter sehen im 64-jährigen Khin Nyunt, dem bisherigen militärischen Geheimdienstchef, einen Pragmatiker. Ihm sei klar, dass sich die Lage in dem südostasiatischen Land und vor allem im Umgang mit der Oppositionspartei Nationale Liga für Demokratie (NLD) der Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi ändern müsse. „Dies ist ein gutes Zeichen für politischen Übergang und wirtschaftliche Reformen“, zitierte Reuters einen asiatischen Diplomaten. Khin Nyunt sei von mehr gebildeten und talentierteren Leuten umgeben als die Junta-Hardliner. Andere meinen, dessen Berufung zum Premier sei nichts als Kosmetik. So präsentiere die Junta der Welt nur eine nach außen hin moderater erscheinende Regierung, monieren Kritiker.

Fest steht: Auch Khin Nyunt wird die Macht nicht einfach aus den Händen geben. Und doch könnte die neue Entwicklung zumindest ein erster Schritt für die international lange geforderte Liberalisierung sein. Und vielleicht gar ein Indiz für die baldige Freilassung von Suu Kyi, wie Beobachter hoffen. Seit ihrer erneuten Verhaftung vor knapp drei Monaten steht die Junta unter verstärktem Druck. Die EU und USA verschärften ihre Sanktionen, das wichtigste Geberland Japan fror seine Finanzhilfen ein. Auch die südostasiatische Staatengemeinschaft Asean, die sich vorher nie in Birmas Politik eingemischt hatte, forderte die Junta zur Freilassung Suu Kyis auf. Lediglich China, einer der bedeutendsten Wirtschaftspartner Birmas, rang sich offiziell bisher nicht zu Kritik durch.

Suu Kyi war am 30. Mai nach provozierten Auseinandersetzungen zwischen Sympathisanten der NLD und der Junta festgenommen worden. Seitdem wird sie an einem geheimen Ort festgehalten. NICOLA GLASS