DIE LINKE SOLLTE DIE WTO NICHT PAUSCHAL VERDAMMEN
: Eine Spur von Gerechtigkeit

Die Globalisierung bietet Chancen – das ist nicht nur CDU-Talk. Sondern stimmt. In vielen Fällen vielleicht anders, als die Liberalisierungsfreunde bei den Christdemokraten meinen, doch das Zusammenwachsen der Märkte kann den Ärmsten der Welt durchaus nützen. Dazu kann auch die Welthandelsorganisation WTO beitragen, deren 147 Mitgliedstaaten sich gerade in Genf um ein neues weltweites Handelsabkommen balgen.

Neben dem Internationalen Währungsfonds IWF gehört die World Trade Organisation zu den bei Linken und Dritte-Welt-Lobbyisten verhasstesten Institutionen der Welt. Mit ihrer Parole „Derail WTO“ – „Blockiert die WTO“ hat etwa die Organisation „Focus on the Global South“ aus Südostasien beträchtlichen Einfluss erlangt. Dabei zeigen die Ereignisse der vergangenen drei Jahre, dass sich durchaus etwas bewegt. Die reichen Staaten des Nordens haben grundsätzlich eingeräumt, dass sie ihr Preisdumping aufgeben wollen. Dann würde nicht mehr der Zucker aus Dritte-Welt-Staaten von den staatlich subventionierten Billigexporten aus Europa vom Markt verdrängt. Erfolgreich haben sich gerade afrikanische Entwicklungsländer dagegen gewehrt, dass sie ihr staatliches Beschaffungswesen den Interessen europäischer und US-Konzerne öffnen müssen. Ganz im Gegenteil erkennt die WTO mittlerweile an, dass arme Länder ihre Märkte vom Rest der Welt abschotten dürfen, wenn dies der Verringerung der Armut dient. Es ist also im Rahmen der WTO möglich, zu einer Regulierung des Weltmarkts zu kommen, die eine Spur mehr Gerechtigkeit bringt.

Die Globalisierung bietet Chancen. Aber noch nicht genug. Denn trotz der Zugeständnisse des reichen Nordens an den armen Süden versuchen Europa und die USA ihre Subventionen so lange wie möglich beizubehalten. Einen Termin für das Ende der Exportförderung sucht man im Entwurf für die WTO-Erklärung von Genf vergebens. Deshalb ist es richtig, wenn linke Lobbygruppen ein Abkommen, wie es sich jetzt abzeichnet, als unzureichend zurückweisen. Diese Ablehnung ist jedoch etwas anderes, als die WTO und ihre Möglichkeiten für eine Gerechtigkeitspolitik in Bausch und Bogen zu verdammen. HANNES KOCH