Häuslebauer bekommen Kinderrabatt

Die Kommunen im Ruhrgebiet wollen Familien mit Nachwuchs anlocken und bieten günstiges Bauland. Kinderlose gehen oft leer aus. Dortmund weist billige Grundstücke aus, Mülheim legt 100-Häuser-Programm auf

RUHR taz ■ Je mehr Nachwuchs, desto desto besser lässt es sich im Ruhrgebiet bauen. Wer sich in Duisburg ein Baugrundstück kaufen will, sollte möglichst viele Kinder haben. Für ein Kind gibt die Kommune zehn Prozent Preisnachlass, für zwei Kinder gibt es sogar 15 Prozent Rabatt. Sollte es zuviele InteressentInnen geben, wird gelost – aber auch hieran können nur Familien mit Kindern teilnehmen.

Dabei sind die Spielräume der Städte gering: Bei der derzeitigen katastrophalen Haushaltslage dürfen keine Verkäufe subventioniert oder Grundstücke unter Wert verschachert werden. Die Familien-Preise dürfen lediglich am unteren Ende des Normalpreises liegen, sonst müsste die jeweilige Bezirksregierung eine zusätzliche Genehmigung aussprechen.

Hintergrund der Kinderprämie ist die zunehmende Abwanderung von Familien ins grüne Umland des Ruhrgebiets. Eine aktuelle Bevölkerungsprognose des NRW-Landesamtes für Statistik prophezeit dem Rhein-Ruhr-Gebiet einen Einwohnerverlust von rund 10 Prozent bis zum Jahr 2020. Einzelne Städte sind von dieser Entwicklung noch härter betroffen: Hagen soll 16,3 Prozent seiner EinwohnerInnen verlieren, Wuppertal müsse mit 14,3 Prozent rechnen. Essen schrumpfe um 10,8 Prozent und Duisburg um 10,2 Prozent. „Wir begrüßen solche Programme“, sagt Heike Dongowski vom Städtebauministerium. Das Land gucke allerdings aufs Portemonnaie, nicht auf den Nachwuchs der Grundstückskäufer. Es fördere über günstige Darlehen einkommensschwache Menschen.

„Wir müssen unsere Bevölkerung halten“, sagt Dortmunds Sprecher Udo Bullerdieck. Vor allem Familien seien willkommen, sie würden zu den verlässlichsten BürgerInnen gehören. Deshalb zahlen Familien mit Kindern für städtische Grundstücke weniger. Dortmund weist jedes Jahr etwa 400 Grundstücke aus, zwanzig Prozent der KäuferInnen stammen aus dem Umland.

Mülheim hat ein 100-Häuser-Programm aufgelegt. Die Stadt suche gerade einen Investor, der das Gesamtpaket kauft und einen geringen Häuserpreis garantiert, sagt Klaus Beisiegel vom Baudezernat. Junge Familien sollen dann ihr Eigenheim für rund 150.000 Euro erwerben können. Für Mülheim sind das paradiesische Preise: Die Stadt hat die ruhrgebietsweit höchsten Baulandpreise, vor allem im Ruhrtal kann ein Quadratmeter bis zu 5.000 Euro kosten „Da öffnet noch der Butler die Haustür“, sagt Beisiegel. In solchen Lagen entstehen freilich nicht die Familien-Häuser. „Die sind woanders, aber auch in ganz schönen Lagen“, so Beisiegel.

Nur Essen hält nichts von dem Kinderbonus. Es bietet seinen BürgerInnen zwar eine so genannte Bleibeprämie: Hausbauer zahlen dann zum Beispiel weniger Zinsen für die aufgenommenen Schulden. Die Zahl der Prämien ist allerdings begrenzt, in diesem Jahr konnte sich die Stadt nur 25 BieterInnen versorgen, 30 InteressentInnen mussten abgelehnt werden. „Wir wollen aber keinen bevorzugen“, sagt Stefan Schulze vom Presseamt. Wer zuerst den Antrag stellt, kriegt auch die Prämie.

ANNIKA JOERES