Und er träumt und träumt …

Durch das 0:2 gegen Perugia im UI-Cup-Finale verpasst der VfL Wolfsburg nicht nur den Uefa-Cup, sondern bekommt auch schmerzhaft demonstriert, wie weit man noch von Europas Spitze entfernt ist

aus Wolfsburg OKE GÖTTLICH

Auf dem Bildschirm wurde geboxt. Passender hätte die Programmauswahl im Interviewraum nicht sein können. Schließlich gab es zuvor vor allem eindrucksvolle Tacklings und stutzenschlitzende Grätschen zu bewundern: Ansonsten war das UI-Cup-Finale zwischen Wolfsburg und Perugia ereignisarm verlaufen. Tapfer analysierte Wolfsburgs Kapitän Stefan Schnoor die 0:2-Niederlage: „Es muss wehtun bei den anderen.“ Pablo Thiam, ein Protagonist des unfairen wie unsauberen Gekickes, hatte bereits nach 41 Minuten den Platz rotbelastet verlassen dürfen. Angesichts des gesundheitsgefährdenden Auftritts Perugias in der ersten Halbzeit – vier Sanitätereinsätze, drei gelbe Karten und zwei Verletzte (Topic und Streit) – hätten sich einige Wolfsburger wohl liebend gerne ebenfalls vorzeitig in die Kabine verabschiedet.

„Man hätte gegentreten müssen und darf nicht den Schwanz einziehen“, ärgerte sich Schnoor über das zunächst zaghafte Auftreten seines Teams. Eine Ansprache, die in der zweiten Halbzeit zumindest die Wirkung erzielte, dass Perugia immerhin in der Kartenstatistik überflügelt werden konnte. 4:3 gelbe sowie 2:0 rote Karten lautete das Endergebnis nach vielen ungeschickten Attacken und einem weiteren Platzverweis gegen Stürmer Klimowicz (90.). „Nachdem zwei Spieler verletzt ausgewechselt werden mussten, ohne dass die Gegner Gelb dafür sehen, haben wir die Nerven verloren“, suchte Thiam nach Entschuldigungen.

Schwerer noch wiegen die enttäuschten Erwartungen, denen Wolfsburg nach der verpassten Uefa-Cup-Teilnahme mal wieder hinterherhinkt. Im dritten Jahr nacheinander konnte der Club den Cup der europäischen Lotto- und Toto-Gesellschaft nicht als Sprungbrett für weitere europäische Auftritte nutzen. Selbst der provinzielle AC Perugia demonstrierte mit seinem souveränen Erfolg in der Volkswagen-Arena, wie weit Wolfsburg noch von einem Team mit internationalem Format entfernt ist. Den Traum des Aufsichtsratsvorsitzenden Lothar Sander, „weiterhin auf der europäischen Fußballbühne vertreten zu sein“, um „das Ansehen des Clubs und seines Partners Volkswagen zu fördern“, konnte das Team nicht erfüllen.

Folgt man den Erklärungen von Trainer Jürgen Röber, macht sich der Club gar der Verschlafenheit verdächtig. Einer, die neben den europapokalvernebelten Marketingstrategen des Konzernteams nun auch innerhalb des Teams Niederschlag findet. „Sven Müller hat beim Gegentor zum 0:1 geträumt“, beschreibt Röber die Situation in der 17. Minute. Die geistige Abwesenheit, die bis auf Stefan Schnoor und Andres D’Alessandro alle Spieler auf Wolfsburger Seite ergriffen hatte, nutzte ausgerechnet „der Deutsche“, Giovanni Tedesco, 1,75 Meter großer Abwehrspieler des AC Perugia, per Kopfball. „Wir sind zu grün und naiv“, empörte sich Röber, dem wenigstens der Auftritt von Andres D’Alessandro Freude bereitete. „Sensationell“ sei es gewesen, wie ausgerechnet „der Kleine“ sich als Einziger gegen Entscheidungen und Attacken von Gegner und Schiedsrichter wehrte.

Bei seinen Teamkameraden allerdings „gingen auf einmal die Gardinen runter“, wie Pablo Thiam Wolfsburgs Unbeholfenheit zu erklären versuchte. Den Gardinen folgte der Vorhang auf der europäischen Fußballbühne. Nötige Abgeklärtheit und Cleverness wird sich Wolfsburg zunächst am kommenden Samstag gegen Bergedorf 85 im DFB-Pokal erarbeiten können.