VERKEHRSMINISTER STOLPE MACHT BRUMMI-POLITIK
: Die Maut kommt, aber sie lenkt nicht

Ein beleidigter Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe rüpelt, eine besserwisserische EU-Verkehrskommissarin Loyola de Palacio zetert. Aus, Schluss: Der überflüssige Maut-Streit zwischen Berlin und Brüssel ist zu Ende. Theoretisch startet die Lkw-Maut in der Nacht zu Montag – im Testprobelauf. Zwei Monate später im Probelauf. Und irgendwann dann richtig. Nur heißt „richtig“ für die meisten deutschen Spediteure: kostenneutral, egal ob durch eine Absenkung der Kfz-Steuer oder durch Gelder für besonders schadstoffarme Lkws.

So wird richtig zu absolut falsch. Die rot-grüne Koalition sagt den deutschen Truckern Entlastungen zu und spricht von Härteausgleich. Damit schmeichelt sie sich bei den Spediteuren ein und setzt ihr eigenes Herzensanliegen aufs Spiel, den Verkehr von der Straße auf die Schiene zu verlagern. Denn eine Maut, die die Spediteure nicht belastet, macht keinen Sinn. Sie kann keine Lenkungswirkung entfalten. Warum sollte irgendein Trucker seine Kisten mit Äpfeln oder Jogurt noch auf die Schiene verlagern? Er wird sie besser stapeln und ihren Transport besser koordinieren – doch auf den Waggon wird er sie nicht bugsieren.

Hätten sich Manfred Stolpe und die Lobbyisten der Speditionsbranche doch nur mal die Autobahnen genauer angeschaut – sie sind heute der mobile Laderaum der großen Industrieunternehmen. Dort wird der Platz in zehn Jahren eng werden; voraussichtlich nimmt der Güterverkehr bis dahin noch einmal um 60 Prozent zu. Deshalb braucht das Transportgewerbe, will es mobil und damit überlebensfähig bleiben, selbst die Schiene. Je schneller Computer, Möbel oder Schuhe auf die Bahn kommen, umso besser.

Um einem Missverständnis vorzubeugen: Die Maut kommt, das ist gut. Richtig aber wäre: Stolpe kümmert sich nicht um Kompensationen. Als Argument gegenüber der Brummilobby und der Opposition kann er leicht die weiterhin bestehenden Bedenken der Kommission nutzen. Seine Energie aber verwendet er darauf, die Mautgebühr Stück für Stück anzuheben. Nur so kann die rot-grüne Verkehrspolitik überzeugen. HANNA GERSMANN