USA und Nordkorea Stuhl an Stuhl

In Peking beginnen die Gespräche über Nordkoreas Atomprogramm. Verhandlungsposition der USA noch unklar

PEKING taz ■ Ostasien schaut dieser Tage nach Peking. Obwohl dort nur Bürokraten die Bühne besetzen, belagern seit gestern über 500 Sonderkorrespondenten einen hermetisch abgesperrten Bezirk im Westen der Stadt. Hinter seinen roten Mauern steht das Pekinger Staatsgästehaus, in dem gestern erstmals die Delegationen von China, den USA, Russland, Japan, Nord- und Südkorea Platz nahmen. Die erste Überraschung war die Sitzordnung, denn die Hauptkontrahenten aus Washington und Pjöngjang saßen nebeneinander. Das war ein kleines Entgegenkommen der USA. Die hatten sich bisher stets gegen bilaterale Verhandlungen mit Nordkorea ausgesprochen und so diese Sechsergespräche ins Leben gerufen.

Nordkorea hingegen sieht seine Atomwaffenprogramme, um deren Abbau und Kontrolle sich die Pekinger Runde dreht, lediglich als Reaktion auf Drohungen der USA und damit als bilaterales Thema. Washington bringt dafür nun immerhin so viel Verständnis auf, dass es seinem Chefdelegierten, Vizeaußenminister James Kelly, einen Freibrief für bilaterale Gespräche am Rande der Verhandlungen erteilte. Um die zu erleichtern, wurde die Platzierung entsprechend angeordnet – eine hoffnungsvolle Geste, mehr nicht.

Doch konkretere Ergebnisse werden von den Verhandlungen so schnell nicht zu erfahren sein. Die Gastgeber mahnten vorab zu „Ruhe und Geduld“. Allgemein gilt, dass eine Fortsetzung der Runde zu einem späteren Zeitpunkt bereits als Erfolg gewertet werden müsse. Zumal Nordkoreas Delegation gestern erneut einen Nichtangriffspakt mit den USA forderte, ohne den man auf die eigene „atomare Abschreckungskraft“ nicht verzichten könne.

Washington aber lehnt nicht nur einen solchen Pakt strikt ab, der Nordkorea aus US-Regierungs-Sicht für seinen Austritt aus dem Atomwaffensperrvertrag belohnen würde. Die US-Regierung ist sich über ihre Verhandlungsposition grundsätzlich nicht im Klaren. So fehlen in der US-Delegation die beiden profiliertesten Nordkorea-Politiker des Außenministerium: der Falke und Staatssekretär John Bolton, der Nordkoreas Machthaber Kim Jong Il kürzlich einen Tyrannen schimpfte, der sein Volk verhungern ließe. Und der noch aus der Clinton-Zeit stammende Chefunterhändler für Nordkorea, Jack Pritchard, der als Vertreter diplomatischer Lösungen gilt. Er legte überraschenderweise am Freitag sein Amt nieder. Zuvor hatte Pritchard Boltons Aussagen über Kim als dessen persönliche Meinung abqualifiziert. Das könnte der Grund für sein Dienstende sein. Denn Bolton gilt als enger Vertrauter von US-Präsident George W. Bush. GEORG BLUME