Dienen ist das Glück der Frau

Das nun in Gänze veröffentliche Papst-Papier zur Rolle der Frau in Kirche und Welt stößt überwiegend auf Kritik. Einige Stimmen loben aber Appelle wie den nach einem Ende der Frauendiskriminierung

VON PHILIPP GESSLER

17 Kapitel umfasst das jetzt offiziell veröffentliche Vatikan-Papier „über die Zusammenarbeit von Mann und Frau in der Kirche und in der Welt“ – und es stößt auf scharfe Kritik, aber auch vorsichtiges Lob von Frauen. Beides ist nicht verwunderlich, da einerseits in dem Schreiben ultrakonservative Ansichten über die Rolle und das Wesen der Frau in Kirche und Gesellschaft stehen. Andererseits enthält der Text Passagen, die sich gegen die Diskriminierung der Frau und eine Beschränkung ihrer Rolle auf die Mutterschaft richten. Politik und Gesellschaft werden aufgefordert, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen. Frauen bräuchten Zugang zu „verantwortungsvollen Stellen“.

Zwar ist natürlich falsch, was die Bild-Zeitung vorab meldete, dass der Papst „dem weltweiten Feminismus den Kampf“ angesagt hat. Gleichwohl verurteilt der Vatikan nicht näher bezeichnete „Ideen“, die die Unterschiedlichkeit der angeblich gottgegebenen Geschlechter(-rollen) einebnen wollten oder davon ausgingen, dass sich eine Frau erst als „Gegner des Mannes“ verwirkliche – auch das Wort „Gender“ benutzt das Schreiben mit deutlichem Missfallen.

Dreh- und Angelpunkt des Papiers ist jedoch die Ansicht, dass sich die Frau vor allem in einer dienenden Rolle für andere verwirkliche – wobei in den Anmerkungen betont wird, dass auch Gott selbst an manchen Stellen des Alten Testaments „ezer – Hilfe“ des Menschen genannt wird, dies also „in keiner Weise den Beigeschmack des Minderwertigen“ habe. Die Betonung der dienenden Rolle der Frau und der (heterosexuellen und christlichen) Familie führt den Vatikan zugleich dazu, die bekannten Positionen gegen Homosexualität und eine Priesterschaft der Frau in der Kirche zu bekräftigen.

Grundsätzlich positiv zu dem Papier äußerte sich die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd), da sich das Schreiben gegen die Diskriminierung der Frau und die Beschränkung auf die Mutterrolle richte. Allerdings forderte die kfd, den Ruf nach Zugang von Frauen zu Führungspositionen „eins zu eins auch in der Kirche umzusetzen“. Wenig überraschend, dass die Deutsche Bischofskonferenz den Text lobte.

Sonst aber überwog eine bissige Verurteilung des Schreibens: Das ökumenische Netzwerk „Initiative Kirche von unten“ schrieb, damit „erniedrigt der Vatikan erneut Frauen und reduziert ihre Rolle wiederum auf die der Dienstmagd in der katholischen Kirche“. Die familienpolitische Sprecherin der FDP, Ina Lenke, nannte das Papier noch vor dessen offizieller Veröffentlichung am Samstag „vorsintflutlich“. Die sozialpolitische Sprecherin der Grünen, Ekin Deligöz, sagte, die Kirche sei wohl zwischen Mittelalter und Neuzeit hängen geblieben. Der Lesben- und Schwulenverband meinte, das Dokument zeige, um was es sich bei der vatikanischen Glaubenskongregation handele: „Um einen Altherrenclub, der nicht von dieser Welt ist, der die Räder der Zeit zurückdrehen möchte, zurück in voraufklärerische Zeiten.“ Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen im Bundestag, Volker Beck, urteilte: „In Rom wird zu viel mit den und an die Genitalien gedacht!“

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