„Verletzte Vögel zunächst beobachten“

Verirrten Jungvögeln kann man helfen, indem man sie in einen Park zurückbringt, sagt André Hallau. Er ist Projektleiter der Wildtierstation in Wuhletal, die sich um die Aufnahme und Pflege von verletzten Wildvögeln kümmert

Der Brandenburger Seeadler, der seit Mitte Februar in der Berliner Tierklinik Düppel betreut wurde, ist tot. Der Vogel konnte sich nicht mehr ernähren und habe sich nur noch gequält, sagte der Greifvogelexperte vom Naturschutzbund Berlin, Rainer Altenkamp, am Montag. Auch der Zustand des einzigen Berliner Seeadlerweibchens, das in der Tierklinik versorgt wird, ist weiter ernst. Es sei keine Entwicklung zum Positiven zu erkennen, sagte Altenkamp. Der Nabu rechnet damit, dass auch dieser Vogel stirbt.

Zum Verhängnis wurde den Tieren bleihaltige Munition. Sie vergiftet die Tiere nach und nach, wenn sie Bleireste aus erschossenen Wildtieren fressen. Adler sind besonders empfindlich. Noch nie hatten die Tierärzte der FU Berlin in Düppel so viele durch Bleimunition vergiftete Greifvögel zu behandeln wie in diesem Winter. Seit September waren es nach Nabu-Angaben bereits zwölf.

Der Naturschutzbund fordert deshalb bereits seit längerem ein Verbot von bleihaltiger Jagdmunition. In Brandenburg gibt es derzeit 120 Seeadlerpaare, bundesweit sind es 500. Berlin hatte bislang nur ein Pärchen, das am Müggelsee lebte. Altenkamp ist zuversichtlich, dass der Berliner Seeadler wieder ein Weibchen findet, wenn seine langjährige Partnerin stirbt. DPA

taz: Herr Hallau, was sollte man machen, wenn man einen verletzten Vogel findet?

André Hallau: Man sollte das Tier zunächst beobachten. Dafür sollte man sich Zeit nehmen. Dann kann man uns anrufen und genau schildern, was los ist. Falls der Wildvogel schlimmer verletzt ist, kann er hier vorbeigebracht werden, oder man muss ihn gegebenenfalls zur Tierklinik bringen. Wir haben leider keinen Tierarzt.

Wie viele Wildvögel hatten Sie letztes Jahr in ihrer Station?

Wir haben etwa 1.500 Wildvögel aufgenommen. 873 davon waren Stockenten. Aber wir hatten auch Mauersegler, Ringeltauben und Nebelkrähen.

Die Zahl ihrer Beratungsgespräche ist letztes Jahr von 2.100 auf 2.400 gestiegen. Woran liegt das?

Wahrscheinlich weil wir präsenter sind und als Ansprechpartner wahrgenommen werden. Eine Großstadt ist ein spezieller Lebensraum für die Tiere, da sie hier nicht so viel Deckung haben. Aber oft kommt es vor, dass die Vögel nur falsch schauen müssen und schon werden wir angerufen. Jungtiere zum Beispiel, die auf der Straße gefunden werden, kann man selber zurück in den Park setzten. Etwa 500 Wildvögel wurden letztes Jahr gleich vom Anrufer zurückgesetzt.

Woran verletzten sich Vögel?

Gebäude, Hochspannungsleitungen und Glasscheiben liegen in ihrem Flugbereich. Normalerweise fliegen die Vögel aber nur auf Baumhöhe und besonders nachtaktive Vögel fliegen gegen die Gebäude.

INTERVIEW: KATRIN SCHÄFER

Die Wildtierstation, Tel.: 54 71 28 92