Schröder will von Polen nichts

Erstmals deutscher Kanzler beim Jahrestag des Warschauer Aufstands 1944. Schröder schließt deutsche Forderungen nach Entschädigung kategorisch aus. Bekenntnis zur deutschen Schuld

WARSCHAU dpa/taz ■ Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hat im Namen der Bundesregierung und der politischen Kräfte in Deutschland Entschädigungsforderungen von Vertriebenen strikt abgelehnt. Die gemeinsame Zukunft von Deutschen und Polen in Europa dürfe nicht durch „uneinsichtige Kräfte in Frage gestellt“ werden, sagte Schröder gestern nach einem Treffen mit dem polnischen Ministerpräsidenten Marek Belka. „Das gilt sowohl für diejenigen, die in Deutschland ein Zentrum gegen Vertreibungen errichten wollen, als auch für diejenigen, die individuelle Entschädigungen durchsetzen wollen.“

Diese Position werde die Bundesregierung auch vor internationalen Gerichten vertreten. Schröder ist als erster deutscher Regierungschef zu den Gedenkfeiern zur Erinnerung an den Warschauer Aufstand gegen die deutsche Besatzung vor 60 Jahren eingeladen worden.

Belka erinnerte an die große symbolische Bedeutung, die der blutig niedergeschlagene Aufstand, der 200.000 Menschen das Leben kostete, in Polen habe. Dem Besuch Schröders komme damit eine besondere Bedeutung zu. Zugleich betonte Belka: „Wir erinnern an die Vergangenheit, aber wir blicken in die Zukunft. Das ist unsere wichtigste Ausrichtung.“ Nach dem Treffen mit Belka besuchte Schröder das am Vortag eröffnete Museum des Warschauer Aufstands, wo er auch mit ehemaligen Untergrundkämpfern zusammentraf. Schweigend verharrte er vor einer an die Aufständischen erinnernden Glocke.

US-Außenminister Colin Powell, der wie Schröder und der stellvertretende britische Premierminister John Prescott zu den ausländischen Ehrengästen gehört, wies nach einem Treffen mit seinem polnischen Amtskollegen Włodzimierz Cimoszewicz darauf hin, dass die Aufständischen in Warschau ohne Unterstützung der Alliierten 63 Tage lang durchhielten. „Polen wird nie wieder im Stich gelassen werden“, versicherte er.

In seiner Rede während der zentralen Veranstaltung am Abend bot Schröder Polen einen „Zukunftspakt“ an. „Wir können miteinander Anstöße für eine gemeinsame Politik in der erweiterten Union entwickeln – auch und gerade gegenüber unseren Nachbarn.“ In seiner Ansprache vor der polnischen Staats- und Regierungsführung und vor Veteranen des Aufstands auf dem Platz der Warschauer Aufständischen legte Schröder ein umfassendes Bekenntnis zur deutschen Schuld im Zweiten Weltkrieg ab.