Die Uni Essen spart sich die Wirtschaft

Nach einem Beschluss des Rektorats der Uni Duisburg-Essen sollen die Wirtschafts- und Gesellschaftswissenschaften zusammengelegt werden. Politiker und AStA kritisieren die Pläne: „Totaler Bedeutungsverlust des Uni-Standorts“

BOCHUM taz ■ Die Fusion der beiden früheren Gesamthochschulen Essen und Duisburg stößt auch zwei Jahre nach der Entscheidung der Landesregierung weiterhin auf breiten Widerstand bei Studierendenvertretern und Politikern. Nun protestiert der gemeinsame Studierendenausschuss (AStA) gegen die aktuellen Pläne der Uni Leitung, die Fachbereiche Wirtschafts- und Gesellschaftswissenschaften, die bisher an beiden Standorten existieren, an jeweils einem Standort zu konzentrieren. Laut einstimmigem Beschluss des Rektorats aus der vergangenen Woche sollen die Wirtschaftswissenschaften am Campus Duisburg, die Gesellschafts- und Bildungswissenschaften in Essen angesiedelt werden. Rechtsverbindliche Regelungen sind erst in einigen Monaten zu erwarten.

Der AStA läuft gegen diese neuen Fusionspläne Sturm. „Wir waren von Anfang an gegen die Fusion und dieser aktuelle Schritt zeigt nur, dass das einzige Ziel der Zusammenlegung war, massive Mittelkürzungen durchzuführen“, so Peter Proff, AStA-Referent für Öffentlichkeitsarbeit. Die Gesellschaftswissenschaften seien gerade erst nach Duisburg verlegt worden, nur um jetzt wieder nach Essen zurückgeholt zu werden: „Dies zeigt doch, dass jegliches Konzept fehlt, um eine attraktive Hochschulstruktur zu schaffen. Das einzige Kriterium ist die aktuelle Kassenlage des Landes.“

Die Studierendenvertretung befürchtet, dass im Zuge der Fusion viele der zurzeit 8.000 Studienplätze in den Wirtschaftswissenschaften gestrichen werden müssen, weil die Kapazitäten am Standort Duisburg für eine so große Studentenzahl nicht ausreichten. Beate Kostka, Pressesprecherin der Uni, kritisierte diese Aussagen: „Einige Fachbereiche wie die Wirtschafts- und Sozialwissenschaften bilden im Augenblick pro Semester mehr Studenten aus, als sie aufgrund ihrer Kapazität eigentlich können.“ Vorrangiges Ziel der Fusion sei es, die Qualität des gesamten Uni-Standorts zu steigern, so Kostka. Dazu müsse jeder Standort ein eigenes Profil entwickeln. Wenn dies zur Folge hätte, dass in einigen Bereichen Kapazitäten abgebaut und nicht mehr so viele Studenten zugelassen würden, wäre das vielleicht auch vorteilhaft für die Qualität der Betreuung, sagt die Sprecherin. Die Aussage des Essener Dekans Professor Ludwig Mochty, der die Uni Duisburg-Essen nach der Fusion als einen „Kandidaten für die Totalschließung“ bezeichnet hatte, wies Kostka zurück: „Das ist eine Horrorvorstellung. Damit ist überhaupt nicht zu rechnen.“

Nicht zuletzt wegen des derzeitigen landespolitischen Sommerlochs hat die anfänglich uni-interne Diskussion auch schon Landespolitiker auf den Plan gerufen. Ralf Witzel, Essener Landtagsabgeordneter der FDP, sieht den Uni-Standort Essen in Gefahr und forderte die Landesregierung auf, in die Diskussion einzugreifen und Stellung zu beziehen: „Rot-Grün muss Farbe bekennen, ob die bevorstehende Zerschlagung des Campus langfristige Strategie war.“ Witzel befürchtet den „totalen Bedeutungsverlust“ des Uni-Standorts Essen und verlangt deshalb von der Politik Maßnahmen, diese Entwicklung rückgängig zu machen und Essen als Hochschulstandort zu sichern.

Die Fusion der beiden Gesamthochschulen zur Uni Duisburg-Essen beruht auf einer Initiative der beiden Hochschulleitungen vom Herbst 2001. Nachdem die Akteure jedoch der Mut verlassen hatte, machte die damalige Wissenschaftsministerin Gabriele Behler (SPD) die Zusammenlegung zur Chefinnensache und verheiratete die beiden Unis zum 1. Januar 2003. ULLA JASPER