der homosexuelle mann … von ELMAR KRAUSHAAR
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… durchlebt wieder einmal große Zeiten. Ganz Deutschland lacht sich schlapp über ihn, dank Bully Herbig. Der hat es erneut geschafft, die Schwulen zur Karikatur verkommen zu lassen: zum Ablachen freigegeben. Denn so mag der Deutsche die Schwulen am liebsten: näselnd, blondinenblöd und notgeil auf absolut jeden heterosexuellen Taxifahrer.

Dazu kommt das Sommerloch und der Drang der Medien nach billigen Geschichten. Ein schwules Deutschland malt uns Bild in rosa Lettern an die Wand, und ihr Hausphilosoph Franz Josef Wagner deliriert von einem „schwulen Wind“, der auch den DFB erfassen sollte: „Dieser Wind hat eine Art Zauber, eine Lebenskraft.“

Und dann der Höhepunkt: Guido Westerwelle hat einen Freund! Nein, er ist nicht schwul, das hat er nicht gesagt, aber er hat einen Freund, was zum Vorzeigen, aus der gleichen Kaste, repräsentabel, anständig, fotogen. Was für eine News! „Haben wir doch längst gewusst“, winken gelangweilt die Hauptstadt-Kommentatoren ab und haben doch ganz feige früher kein Wort darüber verloren, die Drecksarbeit musste ihnen wieder einmal das Boulevardblatt abnehmen.

Trotzdem haben sie jetzt alle ganz Gewichtiges zu Westerwelles öffentlicher Verlobung zu sagen: „Eine Geste“, nimmt im Stern wie gewohnt Hans-Ulrich Jörges den Mund wieder einmal ganz voll, „deren politische Wirkung weit unterschätzt wird.“ – „Nun hat man es hinter sich und er auch“, stöhnt dagegen der chronisch homophobe Bernd Ulrich in der Zeit. Nur Claudius Seidl bleibt es in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vorbehalten, den einzig wahrhaftigen Satz zur Angelegenheit beizusteuern: „Nach allen Erfahrungen mit ihm ist zu befürchten, dass er mit der Homosexualität genau das tut, was er mit der FDP getan hat. Er wird sie unmöglich machen.“

Dabei will die Bonner Blondine nichts weiter als nach ganz oben. „Ich lebe mein Leben!“, hat er am Morgen nach der Bild-Schlagzeile den Journalisten zugerufen, ganz Mary Roos und ohne diese ideologische Überhöhung, die noch Klaus Wowereit mit seinem „Und das ist auch gut so!“ in die Welt setzte. Ein Fischer will Westerwelle werden in zwei Jahren, nur schlanker, aber auch mit einem üppigen Privatleben, das selbst dann noch für eine Schlagzeile reicht, wenn es sonst nichts mehr zu sagen gibt. Das hat er sich von Joschka Fischer abgeguckt.

Der Zeitpunkt für Westerwelles privaten CSD ist gut gewählt. Mitten in der Sommerpause hält sich die Aufregung in Grenzen. Und zwei Jahre vor den nächsten Wahlen sind Zeit genug, um die Menschen an den neuen Status zu gewöhnen, um sie dann mit abgekühltem Kopf ihr gelbes Kreuzchen machen zu lassen. Darüber hinaus ist in der Schwulenszene derzeit der Thron des Polit-Idols vakant. Der glücklose Volker Beck ist unten durch, die Homo-Ehe konnte er nur als Rumpf etablieren, und die Magnus-Hirschfeld-Stiftung setzte er gleich ganz in den Sand. Da kommt der glamouröse und weltgewandte Westerwelle gerade recht und verspricht wie auf Bestellung den ganzen Hochzeitskuchen, mit Adoptivkindern als Sahnehäubchen obenauf. Die Homos werden ihn lieben und wählen deswegen.