Ein Deckel für Managergehälter

Gewerkschafter fordern eine Obergrenze für die Bezüge der Chefetagen. Nicht nur Aktienkurse und Rendite als Leistungsindikator, sondern auch die Entwicklung der Löhne. Stoiber droht Vorständen

VON HANNES KOCH

Für Managergehälter soll nach Ansicht von Gewerkschaftern eine Obergrenze eingeführt werden. „Da muss ein Deckel drauf“, sagte Uwe Fullong, Sekretär beim Bundesvorstand der Gewerkschaft Ver.di. Auch Dietmar Hexel vom Vorstand des Gewerkschaftsbundes DGB spricht sich für die Festlegung der maximalen Höhe von Vorstandsgehältern aus. Diese müssten allerdings im einzelnen Unternehmen, nicht von der Politik definiert werden.

Bundesweit sind die Vorstandsgehälter in der Diskussion. Ausgelöst wurde die Debatte vom Düsseldorfer Mannesmann-Prozess, bei dem sich Ex-Manager für hohe Abfindungen rechtfertigen mussten. Außerdem kürzen Konzerne wie Siemens und DaimlerChrysler die Löhne der Beschäftigten, während die Manager Jahr für Jahr mehr verdienen. In den 70er-Jahren erreichten beispielsweise die Vorstandsgehälter bei der Deutschen Bank rund das 30fache durchschnittlicher Arbeitnehmereinkommen. Mittlerweile ist dieses Verhältnis auf das 240fache gestiegen. Diese Entwicklung ist symptomatisch für viele Aktiengesellschaften.

Deshalb will der Deutsche Gewerkschaftsbund bis Jahresende einen „Werkzeugkasten“ zusammenstellen, wie Vorstandsmitglied Hexel sagt. Darin enthalten sein sollen Kriterien und Maßstäbe, um die Vorstandsgehälter in den Griff zu bekommen.

Intern geht es den Gewerkschaften jetzt darum, eine griffige Größe für die Grundgehälter der Vorstände zu finden. Bei florierenden Firmen im Deutschen Aktienindex DAX hält DGB-Funktionär Hexel das „10- bis 30fache“ des normalen Beschäftigtengehaltes „für vertretbar“. Eine ähnliche Orientierung gibt der Bremer Ökonomie-Professor Rudolf Hickel aus.

Darüber hinaus will man eine Formel finden, um die leistungsabhängigen Gehaltsbestandteile der Vorstände zu begrenzen. Ver.di-Sekretär Fullong schlägt vor, dass die flexiblen Bestandteile an das Grundgehalt gekoppelt werden. Richtschnur zum Beispiel: 50 Prozent fix, 50 Prozent variabel. Damit wäre die Obergrenze im jeweiligen Unternehmen etabliert. Die Aktienoptionen könnten nicht mehr gen Himmel steigen.

Bleibt das Problem, Kriterien für die Bemessung der variablen Lohnbestandteile zu finden. Die Ausschüsse der Aufsichtsräte legen die Gehälter entweder nach gusto fest oder nehmen Größen wie die Entwicklung des Aktienwertes oder der Kapitalrendite. Diese Zahlen steigen aber fatalerweise auch dann, wenn der Vorstand gerade wieder einige tausend Jobs abbaut. „Wir brauchen deshalb Kriterien jenseits des Finanzmarktes“, so DGB-Vorstand Hexel.

Gewerkschafter plädieren für Kennzahlen, die sich an der langfristigen Unternehmensentwicklung im Zeitraum von 5 Jahren orientieren – und nicht an kurzfristigen Kursfeuerwerken. Im Gespräch ist, neben der Kapitalrendite die Wertschöpfung zugrunde zu legen. Diese beinhaltet auch die Entwicklung der Lohnsumme im Unternehmen und würde damit Sicherung und Ausbau der Beschäftigung in die Bewertung der Vorstandsgehälter einbeziehen.

Ein solches Konzept zu entwickeln, bedeutet freilich noch nicht, es auch durchzusetzen. Heute scheitern die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat meist schlicht daran, dass die Kapitalseite keinen Einblick in die Gehaltsstruktur gewährt. Dies sei eine „Kartellabsprache“ zur Informationsverhinderung, hat gestern Theodor Baums festgestellt. Baums leitet die Kommission der Bundesregierung zur Unternehmensverfassung (Corporate Governance).

Weil die meisten AGs die im deutschen Corporate-Governance-Kodex vorgeschriebene Veröffentlichungspflicht für Vorstandsgehälter ignorieren, hat Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber gestern mit einer Gesetzesinitiative gedroht.

Zur Transparenz der Gehälter mag es bald kommen. Aber auch zur Begrenzung von Managerbezügen? Würde sich die Gewerkschaft im Aufsichtsrat einzelner Firmen durchsetzen, müssten die Chefs einige Nullrunden hinnehmen, um ihr Gehalt im Vergleich zum Lohn ihrer Beschäftigten wieder ins Lot zu bringen.