Kritik an „politischem Asylprozess“

Kirchenasyl mit unglücklichem Ausgang: Togoischer Flüchtling soll Deutschland in drei Monaten verlassen, doch Bremer Christen wollen weiter für seinen Schutz sorgen. Kirche und Anwalt üben scharfe Kritik an der Asylrechtsprechung

Bremen taz ■ Es sei eine „unwürdige Lösung“ gewesen, seine Asylklage zurückziehen zu müssen, erklärte John Agbolete gestern vor der Presse. Der Togo-Flüchtling im Bremer Kirchenasyl hatte am Mittwoch der Rücknahme seiner Klage zugestimmt (taz berichtete), um damit eine dreimonatige Frist zur „freiwilligen Ausreise“ nutzen zu können und einer Abschiebung zu entgehen. Das Verwaltungsgericht hatte zuvor zu erkennen gegeben, dass es Agboletes Gefährdung nicht für „beachtlich wahrscheinlich“ halte und deshalb die Klage ablehnen werde.

„Ich musste an meine Sicherheit und an mein Leben denken“, begründete Agbolete gestern seine „schwere Entscheidung“ – bevor er den UnterstützerInnen dankte, die ihm seit Februar im Kirchenasyl geholfen hatten. Dann erklärte er, gerade die für ihn bedrohliche Situation in Togo habe ihn gezwungen, die Asylklage zurückzuziehen.

Ein Vertreter der evangelischen Gemeinde in der Vahr kündigte an, man werde weiterhin alles tun, um Agbolete zu schützen. Dieser könne bei der Gemeinde wohnen bleiben. Kirchenvertreter und Anwalt übten zugleich scharfe Kritik am Bremer Verwaltungsgericht. Dieses habe wichtige Hinweise auf die Gefährdung des 40-jährigen Oppositionellen nicht beachtet. Der Richter habe seine Pflicht versäumt, selbst von Amts wegen aufzuklären und Informationen nachzugehen.

„An diesem Fall wird in klassischer Weise die Problematik von Asylverfahren deutlich“, führte Anwalt Günther Werner aus. Sein Mandant habe Belege über seine Gefährdung vorlegen können, wie sie nur wenige Flüchtlinge überhaupt beibringen könnten. Unter anderem war er in einer regierungsnahen togoischen Zeitung namentlich als Regimegegner benannt worden. Außerdem hatten Regierungsmitglieder seinen Namen im Gespräch mit einem evangelischen Pastor erwähnt. In Togo sei bekannt, dass Agbolete zur Expo 2000 Protestaktionen gegen die blutige Diktatur von Gnassingbé Eyadéma vorbereitet habe, bestätigen Kirchenleute. Beobachter schätzen dies als hohe Gefährdung Agboletes ein, da Diktator Eyadéma persönlich sehr nachtragend und somit gefährlich sei.

Auch der Richter hatte dies als bekannt eingeräumt. Er hatte ebenso zugegeben, „nicht mit der Gabe der Prophetie geschlagen“ zu sein. Trotzdem stufte er Agbolete nicht als schwer gefährdet ein.

Asylverfahren hätten sich „in unerträglicher Weise“ verschlechtert, klagte Anwalt Werner. Seit rund zehn Jahren trage die Beweislast und alles Risiko fast ausschließlich der Flüchtling. Politische Maßgabe sei, möglichst wenige Asylfälle anzuerkennen. Berufungen würden kaum zugelassen, negative Entscheidungen von Richtern daher kaum kontrolliert. Auch im Fall Agbolete, meint der Anwalt, mangele es der angekündigten Asylablehnung an soliden Grundlagen. „Man muss hier von politischer Justiz sprechen.“

Vertreter der evangelischen Kirche wiesen zugleich darauf hin, dass es Belege für die Gefährdung von Asylbewerbern gebe, die nach Togo zurück geschoben werden. ede