„ABM für Profiler“

Das Profiling von Sozialhilfeempfängern wird heftig diskutiert. SPD begrüßt das Vorhaben, PDS hält es für „probat, aber problematisch“. Ablehnung von CDU und Grünen. Gemischtes Echo aus Bezirken

von JAN ROSENKRANZ

Die Pläne der Sozialverwaltung, Sozialhifeempfänger einem massenhaften Profiling zu unterziehen, haben höchst unterschiedliche Reaktionen hervorgerufen. Während die SPD das Vorhaben der PDS-Sozialsenatorin begrüßt und die PDS es zumindest für ein „grundsätzlich probates Mittel“ hält, lehnen CDU und Grüne die Massenmusterung ab. In den Bezirken stößt die Idee auf ein geteiltes Echo.

Von Oktober an sollen insgesamt 36.000 Sozialhilfeempfänger in zweitägigen Gruppenseminaren auf Herz und Nieren und ihre Erwerbsfähigkeit geprüft werden. Durch dieses Profiling soll eine „Sichtung des Bestands vorgenommen“ werden, hieß es in einem Schreiben der Arbeitsgemeinschaft Servicegesellschaften an die Bildungs- und Beschäftigungsträger, die die Gutachten erstellen soll.

SPD-Fraktionsvize Karlheinz Nolte hält das Profiling für ein sinnvolles Verfahren, um festzustellen, was Sozialempfänger leisten können. „Es ist sowohl eine Hilfe für die Sozialämter als auch ein Service für die Sozialhilfeempfänger“, so Nolte. Eine Diskriminierung könne er darin nicht erkennnen.

Die sozialpolitische Sprecherin der PDS, Stefanie Schulze, findet dagegen die große Zahl der Stützeempfänger, die nun begutachtet werden sollen, „problematisch“. Grundsätzlich sei es zwar ein probates Mittel, um Kompetenzen und Defizite zu ermitteln, allerdings „hätten das alle Sozialämter eigentlich schon längst machen müssen“, so Schulze. Sie erwarte jetzt, dass die Betroffenen eine „eindeutige Zielperspektive“ erhalten. Das Profiling dürfe nicht nur Mittel zum Zweck sein.

Als „populistischen und offensichtlichen Aktionismus“ kritisierte der sozialpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Gregor Hoffmann, die Pläne der Sozialsenatorin. Statt 2 Millionen Euro teure Aktionsprogramme des Senats auf den Weg zu bringen, hätte man die Bezirke mit zusätzlichen Mitteln ausstatten sollen. Zudem sei eine Einzelfallüberprüfung nur sinnvoll im Zusammenhang mit einer Vermittlung.

Die grüne Fraktionschefin Sibyll Klotz hatte bereits am Mittwoch kritisiert, dass dem Vorhaben der Verdacht anhafte, Sozialkürzungen zu provozieren. FDP-Fraktionsvize Rainer-Michael Lehmann glaubt jedoch, wer seine Leistung berechtigt beziehe, habe auch durch ein Profiling nichts zu befürchten.

Als Verantwortliche für die Sozialämter müssen die Bezirke dem geplanten Profiling noch zustimmen. Auch hier fielen die Reaktionen sehr unterschiedlich aus. Die PDS-Sozialstadträtin in Friedrichshain-Kreuzberg, Kerstin Bauer, hält das Verfahren für eine „sehr sinnvolle Hilfe zur Arbeit“. Es sei eben ein Unterschied, ob die Fallmanager in den Sozialämtern Leistungen ermitteln oder für den Einzelfall entscheiden sollen, wer welche Qualifizierungsmaßnahme braucht. „Diese Kompetenzen haben die Fallmanager gar nicht“, sagte Bauer.

Ganz anders ihre Amtskollegin aus Charlottenburg-Wilmersdorf, Martina Schmiedhofer (Grüne). Von derartigen „Mammutveranstaltungen“ halte sie gar nichts. „Das ist nicht mehr als ein Beschäftigungsprogramm für Profiler“, so die Sozialstadträtin. Die Fallmanager in den Sozialämtern würden ohnehin jeden neuen Klienten begutachten. Ein zusätzliches Profiling sei nur dann von Nutzen, wenn es im Hinblick auf ein bestimmtes Programm passiere. Es mache aber überhaupt keinen Sinn, „Profiling auf Vorrat“ zu betreiben. Zum einen hätten die dabei erhobenen Daten nur eine sehr kurze Halbwertszeit. Zum anderen sei es für die Sozialhilfeempfänger frustrierend, erst profilt zu werden, wenn danach nichts passiere.