Die Konjunktur der Propheten

Zur Rettung der HSH Nordbank haben die Landesregierungen von Schleswig-Holstein und Hamburg eine Kapitalspritze über drei Milliarden und eine Sicherheitsgarantie über zehn Milliarden beschlossen. Der Rettungsplan stößt auf Applaus und Skepsis

Von Marco Carini

Kaum war das Rettungspaket in trockenen Tüchern, besann sich Hamburgs Finanzsenator Michael Freytag (CDU) auf das, was er am besten kann: Optimismus verbreiten. Scheinbar unbeeindruckt von der Drei-Milliarden-Finanzspritze und weiteren Milliardenrisiken, die Hamburg und Schleswig-Holstein gerade beschlossen hatte, orakelte der notorische Gute-Laune-Bär der schwarz-grünen Koalition, dass beide Länder bald richtig Kasse machen könnten.

Sollte sich die HSH-Nordbank stabilisieren und sollten Hamburg und Schleswig-Holstein die jetzt erworbenen Anteile dann wieder veräußern, kämen beide Länder sogar noch mit einem Extraprofit aus der Krise. Prophezeiungen eines Senators, der bis zuletzt versucht hatte, das Nordbank-Desaster klein-, die Bank gesund- und seine eigene Verantwortung als Aufsichtsrat schlicht wegzureden.

Doch jenseits des schwarzen Freytags herrscht wenig Zuversicht. „Ein Rettungsplan ohne Alternative“ – auf diese Formel haben sich die Regierungen in Hamburg und Kiel geeinigt und knirschen dabei mächtig mit den Zähnen. Denn die Variante zwei, die sofortige Schließung des Kreditinstituts durch die Bankenaufsicht, sie hätte die Gefährdung von tausenden Arbeitsplätzen bei norddeutschen Firmen bedeutet, die ohne die Nordbank-Kredite ihre Werkstore schließen müssten.

Dem Freudenspender Freytag steht die Phalanx der professionellen Schwarzseher aus der Opposition gegenüber. Den „Bankrott“ sieht da etwa die FDP-Rampensau Wolfgang Kubicki (FDP) auf Schleswig-Holstein zukommen. Er wittert isländische Verhältnisse und bekommt dabei Unterstützung vom Kieler CDU-Parteivize Rasmus Vöge.

Zurecht warnt Kubicki davor, dass beide Länder in den kommenden Jahren vermutlich noch weitere Milliarden in die HSH-Nordbank pumpen müssen. Deren Vorstand geht davon aus, dass das Kreditinstitut zumindest 2009 und 2010 noch tiefrote Zahlen schreiben werde. Doch das Gespenst des Landesbankrotts grenzt an Panikmache.

Zwar droht die Verschuldung Hamburgs und Schleswig-Holsteins noch einmal dramatisch anzusteigen, doch wären beide Länder auch bei einem Scheitern der Nordbank-Sanierung noch weit unter der Pro-Kopf-Verschuldung Berlins oder Bremens. Diese liegt in Bremen derzeit bei 22.000 bis 23.000 Euro, während sie in Schleswig-Holstein derzeit rund 8.000 Euro und in Hamburg gut 12.000 Euro beträgt.

Kritik an dem Rettungsplan übt auch Henning Klodt vom Kieler Institut für Weltwirtschaft. Statt einer Rettung der Institute hätten die Länder lieber die Sicherung der entscheidenden Einlagen und Kredite in den Vordergrund rücken müssen. Die Entwicklung in der Finanzkrise habe gezeigt, dass die Landesbanken keine große Zukunft hätten.

In ein ähnliches Horn bläst die Hamburger Linkspartei. Ihr Wirtschaftsexperte Joachim Bischoff bezeichnet die Politik der Landesregierungen, jetzt erneut Geld in dieses „Fass ohne Boden zu pumpen“ als „politisch verantwortungslos“. Landesbanken seinen „ein Auslaufmodell“, die HSH-Nordbank gehöre „aufgelöst oder fusioniert“.

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