kommentar: kein bock auf schule
: Perspektive statt Projekte

Die Bemühungen des Landes, die Schulverweigerer mit aufwändigen Programmen zum Lernen zu motivieren, sind löblich. Auch erfolgreich, wie das Deutsche Bildungsinstitut hat bestätigt hat. Nordrhein-Westfalen nehme außerdem mit seinen über 50 Schulmaßnahmen in Deutschland eine Vorreiterrolle ein.

Doch das „Schulmüden-Projekt“ hat zwei große Haken. Wenn die Schätzungen des Schulministeriums stimmen, haben etwa 30.000 Jugendliche keine Lust am Lernen. Das bedeutet, dass nur jeder Zehnte von ihnen überhaupt die Möglichkeit erhält, von der Wichtigkeit der Schule überzeugt zu werden. So sehen sich sehr wahrscheinlich LehrerInnen gezwungen, nur die ganz harten Fälle von Schulverweigerern herauszugreifen. Jugendlichen, bei denen sich Schulverdrossenheit abzeichnet, können so nicht präventiv aufgefangen werden.

Doch das eigentliche Problem an diesem Programm ist, dass es die Realität der Arbeitswelt verdrängt. Jeder zweite Abgänger in Nordrhein-Westfalen bekommt keinen Ausbildungsplatz. Schon gar nicht mit einem Hauptschulabschluss. Die Arbeitslosigkeit liegt bei zehn Prozent. Auch bei Studierenden, vor allem der Geisteswissenschaften, sind solche „Müdigkeitsprobleme“ bekannt: Warum sollte ich mein Studium schnell oder überhaupt beenden, wenn mein MA-Titel nur zum Taxifahren qualifiziert?

Das Land sollte sich lieber für die Ausbildungsabgabe stark machen. Eine wirkliche Berufsperspektive für alle Jugendlichen fördert am besten die Motivation.

NATALIE WIESMANN