Aufweckprogramm für Pennäler

NRW schneidet bei der Bekämpfung von „Schulmüdigkeit“ laut einer Untersuchung des Deutschen Jugendinstituts gut ab. Doch nur wenige Jugendliche kommen in den Genuss der Förderprojekte

AUS DÜSSELDORF VON NATALIE WIESMANN

Das Land Nordrhein-Westfalen ist zufrieden mit seiner Bekämpfung der so genannten Schulmüdigkeit. Seit 1999 fördert es Projekte, die SchülerInnen zum Pauken motivieren sollen. In den 56 Projekten kooperieren vor allem Haupt- und Gesamtschulen eng mit der Schulsozialarbeit, zum Teil auch mit Betrieben. Gestern stellte das Schulministerium eine Studie des Deutschen Jugendinstituts vor, das 29 der laufenden Projekte begleitet hat. Das Münchener Institut bescheinigt dem Land eine Vorreiterrolle in der Motivierung von Jugendlichen, „die andere schon aufgegeben haben“, so Abteilungsleiter Frank Braun.

Schulmüdigkeit geht über Schulschwänzen hinaus, sagt Elmar Schulz-Vanheyden, Staatssekretär im Schulministerium. Mit Schulmüden-Projekten sollen nicht diejenigen angesprochen werden, „die – um es flapsig auszudrücken – mal eine Stunde blau machen“, stellt er klar. Es gehe vielmehr um Schülerinnen und Schüler, die sich dem Unterricht immer wieder und über längere Zeit entziehen. Diese können über zwei Jahre hinweg zusätzlich zum regulären Unterricht bei einem sozialen Träger an Lernkursen und Werkstattpraktika teilnehmen. Soweit Unterricht ausfällt, werden die Inhalte in kleinen Stützgruppen nachgearbeitet.

Etwa 20 bis 30.000 SchülerInnen in Nordrhein-Westfalen seien vom Phänomen „Schulmüdigkeit“ betroffen, schätzt Elmar Schulz-Vanheyden. Nur 3.000 Jugendliche davon werden mit dem Programm erreicht. Die Bilanz ist gut: 60 bis 80 Prozent, in einigen Projekten sogar 100 Prozent der Problemkinder hätten einen Schulabschluss erreicht, sagt Schulz-Vanheyden. Einige von ihnen hätten sogar direkt im Anschluss eine Anstellung gefunden. Braun vom Deutschen Institut hält den „Mix von Pädagogiken“ für das Erfolgsrezept des Schulmüden-Projekts des Landes: Die Kooperation von Schule, Sozialarbeit und Betrieben ermögliche die parallele Entwicklung von kognitiven, motorischen und sozialen Kompetenzen. „Erfolgserlebnisse in einem Bereich bewirkt Erfolge in den anderen Bereichen“, sagt Braun. Wichtig sei auch die stabile Beziehung zwischen Fachkräften und Jugendlichen. „Die Eltern sind oft mit eigenen Problemen überlastet“.

Die Ursachen der Schulverweigerung sieht der Experte vor allem in den Verhältnissen im Elternhaus und die fehlende Reaktion der LehrerInnen darauf. Doch Braun kann auf Nachfrage der taz nicht bestätigen, dass auch die mangelnde Berufsperspektive ein Grund für Schulmüdigkeit sein könnte: Bei den meisten der Wieder-Motivierten sei der Optimismus grenzenlos. „So nach dem Motto: Ich habe keine Chance, aber ich nutze sie.“