Blair glaubt sich selbst

In der Kelly-Affäre weist der britische Premier alle Anschuldigungen zurück: Falls sie auch nur ansatzweise gestimmt hätten, hätte er zurücktreten müssen, sagt Blair auf der Zeugenbank

LONDON afp/taz ■ Bei seiner Anhörung vor der Kelly-Kommission hat der britische Premierminister Tony Blair Vorwürfe vehement zurückgewiesen, seine Regierung habe Berichte über irakische Massenvernichtungswaffen aufgebauscht. Wenn die Anschuldigungen der BBC auch nur ansatzweise gestimmt hätten, „müsste ich als Premier zurücktreten“, betonte Blair am Donnerstag. Die Anschuldigungen seien aber „vollkommen absurd“. Zugleich übernahm der Regierungschef die Verantwortung für die Benennung des Regierungsberaters David Kelly als Quelle für den umstrittenen BBC-Bericht. Die Offenlegung sei angesichts des Medieninteresses als beste Lösung erschienen.

In der mehr als zwei Stunden dauernden Vernehmung durch den ermittelnden Lordrichter Brian Hutton beschuldigte Blair die BBC der fehlerhaften Berichterstattung. Die Anschuldigungen des BBC-Reporters Andrew Gilligan, die Regierung habe ihr Irakdossier vom September 2002 „sexier“ gemacht, seien „ein Angriff auf meine Rechtschaffenheit“ gewesen, sagte der Regierungschef. Auch dass der Rundfunksender den Kommunikationschef der Regierung, Alastair Campbell, der Einflussnahme auf das Geheimdienstdossier beschuldigt habe, sei „keine Kleinigkeit“ gewesen.

Er habe deshalb am 7. Juli den BBC-Vorstandsvorsitzenden Gavyn Davies in einem „absolut freundlichen“ Telefonat darum gebeten, Gilligans Bericht als Falschmeldung zurückzuziehen, berichtete Blair. Davies habe dies aber mit der Begründung abgelehnt, damit die Unabhängigkeit des Senders aufs Spiel zu setzen.

Zugleich übernahm der Regierungschef die „volle Verantwortung“ für Kellys Nennung in den beiden Parlamentsausschüssen, durch die sein Name letztlich auch an die Öffentlichkeit gelangte. Es sei eine „sehr schwierige“ Entscheidung gewesen, sagte Blair.

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