schöne, nussige aromen – ideal zum backen
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taz.mag: Wozu brauchen wir eigentlich diese Exoten auf unseren Äckern?

Kerstin Stolzenburg: Amaranth und Quinoa sind alte Kulturpflanzen und Grundnahrungsmittel der Inkas und Azteken, die fast schon kultisch verehrt wurden. Ernährungswissenschaftler schätzen sie, weil sie besonders gesund sind, die Inhaltsstoffe sind ernährungsphysiologisch von hohem Wert. Wir können sie ideal in unseren Speiseplan einbauen.

Ist es nicht sinnvoller, bei uns bewährte Getreidesorten anzubauen, die seit Jahrhunderten hier heimisch sind und sich bestens an Klima und Böden angepasst haben?

Wir wollen nicht den Weizen oder die Gerste verdrängen. Wir verbessern nur unser Angebot mit diesen neuen Kulturen. Ein Brot aus Weizen plus Amaranth ist biologisch wertvoller. Außerdem wurden Mais oder Kartoffeln einst ja auch importiert.

Trotzdem müssen Sie Flächen bereitstellen und auf andere Pflanzen verzichten.

Wir beobachten gegenwärtig in der EU Zwangsstilllegungen wegen der Überproduktion verschiedener Getreidesorten. Die Flächen sind also durchaus verfügbar.

Der Amaranth liebt trockene Sommer, braucht zur Reife wenig Wasser. Ist das die Pflanze für die Klimakatastrophe?

Die Sommerhitze war für den Amaranth tatsächlich fast ideal. Aber vor allem die Jungpflanzen brauchen auch kräftige Regengüsse. Quinoa benötigt ohnehin mehr Wasser. Aber wir hoffen natürlich, dass wir solch extreme Sommer nicht auf Dauer haben werden. Unsere normalen Sommer bringen genug Wärme.

Gleichzeitig sind die Pflanzen aber frostempfindlich.

Da bekommen wir keine Probleme. Amaranth wird erst im Mai ausgesät, wenn die Frostgefahr gebannt ist. Geerntet wird im September oder Oktober.

Und die Unkräuter?

Amaranth und Quinoa sind wegen der Unkräuter tatsächlich sehr pflegeaufwändig. Es gibt nämlich auch ein Unkraut-Amaranth, der uns das Leben schwer macht. Dasselbe bei Quinoa. Das ist eine Reismelde, und wir haben als Unkraut die Unkrautmelde, auch weißer Gänsefuß genannt. Es gibt also zu beiden Kulturen heimische Unkrautvarianten, die das Erntegut verunreinigen können. Die müssen raus, weil sie die Ernte bitter machen. Wir favorisieren den biologischen Anbau, weil Quinoa und Amaranth für die Kleinkind-Ernährung ideal sind. Damit wird auf Herbizide verzichtet, und der manuelle Aufwand ist sehr hoch. Da muss die Hacke ran, man benötigt zu bestimmten Zeiten viele Arbeitskräfte.

Wie schmecken Ihnen die beiden neuen „Pseudo-Cerealien“?

Gut. Sie haben beide schön nussige Aromen. Ideal sind sie zum Backen von Brot, Brötchen oder Feingebäck. Man mischt sie dem Mehl bei und erhöht damit die Wertigkeit. Und es schmeckt sehr angenehm. Man kann Sie wegen der hohen Proteinqualität auch in den Fleischkäse geben, natürlich auch ins Müsli, es gibt sogar süße Naschriegel mit Quinoa und Amaranth.

Und Sie glauben fest daran, dass sich die beiden durchsetzen werden?

Ein großer Abnehmer in Österreich zahlt gute Preise. Auch von der EU gibt es Geld in Höhe der Getreidebeihilfe. Für die Landwirte ist das in jedem Fall lukrativ, sie stehen besser da als mit dem üblichen Getreide. Viele Anfragen bei uns an der Landesanstalt für Pflanzenbau zeigen das Interesse. Die Neuen könnten sich tatsächlich etablieren.

Bisher sind aber nur wenige Hektar unter dem Pflug?

Bislang gibt es größere Anbauflächen in Südbaden, Rheinhessen und Bayern und ein paar kleinere im Münsterland und im Weser-Bergland. Insgesamt werden wir im nächsten Jahr vermutlich auf eine Fläche von fünfzig Hektar kommen. MAN

Kerstin Stolzenburg ist Agrarexpertin an der Landesanstalt für Pflanzenbau in Forchheim