Nationales Erschlaffen

Lübecks Neonazis werden von der Polizei durch die Stadt eskortiert, und die Linke will ihnen den Spaß verderben. Auch ohne offizielle große Gegendemonstration

Hamburg taz ■ Der erste Nazi-Aufmarsch seit 1945, der mit behördlicher Genehmigung durch die Lübecker Innenstadt zieht, soll nicht widerstandslos hingenommen werden. Deshalb haben sich für heute verschiedene Gruppen zu einem Aktionstag zusammengeschlossen.

Ermöglicht hatte den Aufmarsch des „Bündnis Rechts“ eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts. Die zeitgleich geplante Gegenkundgebung des „Lübecker Bündnis gegen Rassismus“ wurde daraufhin von der polizeilichen Einsatzleitung untersagt, den Gegnern wurde ein Ausweichort „weit ab vom Geschehen“ angeboten. Die Lübecker Antirassisten sagten daraufhin als Konsequenz die eigene Kundgebung ab. Stattdessen wird nun dazu aufgerufen, in die Innenstadt zu pilgern, um Unmut gegen den Nazi-Marsch zu demonstrieren. Erster Treffpunkt um 9.30 Uhr ist im Stadtteil St. Lorenz, Bahnhofsnähe, bis 17 Uhr sind an verschiedenen Punkten in der Stadt unterschiedliche Aktionen geplant: Unter anderem wird auf die „reaktionäre Politik der CDU“ und den Sozialabbau aufmerksam gemacht sowie die Kameraüberwachung im öffentlichen Raum und die „autofixierte Verkehrspolitik“ kritisiert. Ab 17 Uhr findet vor dem linken Zentrum „alternative“ auf der Wallhalbinsel ein Sommerfest zu dessen 25-Jährigem statt.

Seit Wochen kämpfen die Lübecker Neonazis unter dem verschleiernden Duktus „undogmatische LinksnationalistInnen“ für ein „nationales Jugend- und Kulturzentrum“ in einer leer stehenden Villa in St. Lorenz. Um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen, hatten sie das Haus in der Vergangenheit für drei Stunden besetzt. Außerdem sammelte das „Bündnis Rechts“ Unterschriften und suggerierte der Öffentlichkeit, sich mit linken Gruppierungen solidarisiert zu haben, was die Antifa jedoch dementierte. TONIO POSTEL