Wer sich nicht wehrt

Menschen verunsichert und verdrängt: Mieterbund weist auf Folgen des Verkaufs öffentlicher Wohnungen hin

Der Mieterverein zu Hamburg sieht sich mit den ersten Fällen von Mietern konfrontiert, die nach dem Verkauf ihrer Mietwohnung von der Stadt an Private ihre Heimat verlieren sollen. Die 88-jährige Christa Uhlig zum Beispiel war davon ausgegangen, dass sie ihr Leben in einem Häuschen im Jenischpark beschließen könnte. Als die Stadt das Gebäude vor fünf Jahren verkaufte, habe die Maklerin jedem Interessenten gesagt, dass die alte Frau nicht daran denke auszuziehen. Jetzt ist deren Schutzfrist abgelaufen und der neue Eigentümer, eine Familie mit zwei Kindern, machte Eigenbedarf geltend. Für den Mieterverein der typische Fall einer Folge der Privatisierung: Mieter würden verunsichert und von Menschen mit höherem Einkommen verdrängt.

„Ich würde doch nie auf die Idee kommen, eine Wohnung zu kaufen, in der eine 83-jährige Dame wohnt“, beteuerte der Vorsitzende des Mietervereins, Eckard Pahlke. Er versicherte Uhlig, sie brauche sich nicht zu sorgen. Als alte und langjährige Mieterin könne sie sich auf Härtefall- und Sozialklauseln im Mietrecht berufen.

Mieter-Berater Wilfried Lehmpfuhl zufolge sind bisher nur die ersten Auswirkungen der Verkäufe öffentlicher Wohnungen zu spüren. Weil der Senat noch keine klaren Preisvorstellungen habe, ziehe sich der Verkauf hin. Um gute Preise für die Häuser zu erzielen, würden leerstehende Wohnungen nicht vermietet. Den betroffenen Wohnanlagen drohe Verwahrlosung. In der Bahrenfelder Steenkampsiedlung stünden bereits 13 von 700 Wohnungen leer.

Die Mieterschützer wiesen darauf hin, dass viele Mieter, etwa im Falle der ebenfalls verkauften Eisenbahner-Wohnungen, gut gegen einen Rausschmiss geschützt seien. Vielen Betroffenen sei das jedoch nicht bewusst. Aus Verunsicherung und um Streitereien zu vermeiden gäben viele von ihnen auf. „Man muss sein Recht auch durchsetzen!“, appellierte Hans-Georg Rips, Direktor des Deutschen Mieterbundes (DMB), einer Dachorganisation der Mietervereine. Gernot Knödler