Keine acht Leben

Schiitenführer al-Hakim, der sieben Mordversuche überlebte, fiel gestern einer Autobombe zum Opfer

BAGDAD taz ■ Mit dem Tod von Mohammed Bakir al-Hakim verlieren die Schiiten in Irak einen prominenten Führer. Sieben Mordversuche in 23 Jahren hat Ajatollah Hakim überlebt. Gestern fiel der 64-jährige beim Freitagsgebet einer Autobombe zum Opfer. Erst Mitte Mai war Hakim, von Anhängern umjubelt, aus dem Exil zurückgekehrt.

Das Oberhaupt des „Hohen Rates für die islamische Revolution in Irak“ (Sciri) war 1980 in den Iran geflüchtet, bevor irakische Sicherheitskräfte 29 seiner Angehörigen töteten. Hakim, der sich einen „einfachen Soldaten der islamischen Revolution“ nannte, baute im Exil die bewaffneten Badr-Brigaden auf, war aber kein Erzfundamentalist.

Nach einigen Startschwierigkeiten gelang es Hakim, eine wachsende Anhängerschaft um sich zu scharen. Der taz gegenüber sprach er sich für einen demokratischen Irak aus, dem nicht der iranische Gottesstaat als Vorbild dienen sollte. Der Sciri hat sich schließlich auch für eine Kooperation mit den angloamerikanischen Besatzern entschieden und wurde Mitglied des vom US-Verwalter eingesetzten Regierungsrats. Seitdem hat sich Hakim in seinen Freitagspredigten für die Anerkennung und Unterstützung des Rats eingesetzt. Die Besetzung werde nur schnell beendet, wenn es im Irak nicht zu Gewaltausbrüchen komme, sagte er der taz.

Diese Hoffnung scheint nun dahin. Seit der Rückkehr von Hakim brodelte der Konflikt mit der Gelehrtenfamilie von Moqtada al-Sadr, die sich im Kampf um die Zukunft des Zweistromlands im Gegensatz zu vielen Gelehrtenfamilien in der heiligen Stadt Nadschaf, beide auf ihre irakischen Wurzeln berufen. Dass aber Sadr hinter dem Anschlag auf Hakim steht, gilt als unwahrscheinlich. Kein Schiit würde einen Anschlag gegen das Heiligtum verüben. INGA ROGG