berliner szenen Große Oper kaufen

Einmal Hofschwarz, bitte

Der Ort könnte nicht besser gewählt sein. Das Foyer der Deutschen Staatsoper, dieser gigantische Marmorsaal mit seinen Säulen und Kristalllüstern, ist zum Kostümsaal geworden. Teile des Fundus werden verkauft, und nun hängen sie da auf Kleiderstangen: die verstärkten Röcke des Rokokos, das strenge Schwarz der spanischen Hofmode aus „Zar und Zimmermann“, oder „der Großinquisitor“ aus „Don Carlos“ von 1981, ein silbriges Gewand mit monströsen Schultern, auf der Brust der gekreuzigte Jesus. Ein wilder Mix aus Pailletten, Borten, Troddeln und Perlen.

Zögerlich gehen die Besucher die Kleiderständer entlang, nesteln mit Glanz in den Augen an den Kostümen. Bei der Herrenkomparserie suchen ohnehin schon exzentrisch gekleidete junge Männer nach neuem Schwarz. Nach und nach kommt Bewegung in den Saal. Kleine Damen eilen, mächtige Kleider über den Arm geworfen, zum Umkleiden in Richtung Paravents. In der Hutecke setzt man auf, was da ist: Ungetüme mit Federn, Turbane in Königsblau.

Es gibt die Begeisterten, „C’est superb, la jupe!“, die Zögerer, „I have no place where I could go with these hats“, und den pragmatisierenden Ehemann: „Kannst du das überhaupt säubern?“ Zwischen all dem stehen die Damen mit den Maßbändern, die gelassen zum Herauslassen von Säumen raten oder einfach beim Einstieg ins Kostüm behilflich sind. Eine junge Frau schwebt eilig im hoch geschlossenen, schwarzweiß gestreiften Gründerzeitkleid mit roter Schleife durch die Marmorhalle. Es scheint ihr so selbstverständlich, als habe sie nie etwas anderes getragen. Und so ist man, wieder draußen Unter den Linden, verwirrt über die Kostümierung der Passanten – für einen Moment. KATRIN KRUSE