Fass voller Wermutstropfen

Anspruch und Wirklichkeit klafften bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften in Paris für die deutsche Delegation so weit auseinander wie selten zuvor. Eine Bilanz in Zitaten von FRANK KETTERER

Epilog (vor der WM)

„Wir streben fünf bis acht Medaillen und einen Platz unter den ersten drei in der Nationenwertung an. Wir rechnen mit positiven Überraschungen.“ (Dr. Clemens Prokop, Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes)

„Wir wollen ins Finale und letztendlich eine Medaille.“ (Jürgen Krempin, Trainer von 400-m-Läufer Ingo Schultz)

„Die Stimmung in der Mannschaft ist gut. Das große Kribbeln hat begonnen.“ (DLV-Cheftrainer Bernd Schubert)

Samstag, 1. Tag

„Kein Kommentar!“ (Der Hammerwerfer Karsten Kobs nach seinem Aus in der Qualifikation)

„Beim Einwerfen ging schon nichts, und danach, als es eigentlich losgehen sollte, war es für mich schon vorbei. Ich kann mir jetzt aber nicht den Kopf abhacken oder mich vor die Metro schmeißen.“ (Diskuswerferin Franka Dietzsch nach ihrem Aus in der Qualifikation)

„Das ist ein Wermutstropfen und unerklärlich.“ (DLV-Mannschaftsleiter Rüdiger Nickel über Dietzsch und Kobs)

„Das waren zwei Enttäuschungen.“ (DLV-Präsident Prokop)

„Ich kann mich steigern, nichts ist unmöglich.“ (Ingo Schultz nach lahmem Vorlauf)

Sonntag, 2. Tag

„Jämmerlich!“ (Ingo Schultz nach dem Halbfinal-Aus)

„Ich habe in keinster Weise zu meinem Rennen gefunden. Ich habe schon nach einer Runde festgestellt, dass heute ein ganz schwieriger Tag wird. Es macht dann keinen Sinn, weiterzulaufen. Das führt dann zu einem Fiasko.“ (Dieter Baumann zu seiner Aufgabe)

„Es ist das Schicksal der ersten Tage, dass nicht nur erfreuliche Leistungen zu konstatieren sind. Ich sehe aber keinen Trend zu einer besonders erfolgreichen oder katastrophalen WM.“ (Mannschaftsleiter Nickel)

„Das ist ein unwürdiges Schauspiel.“ (DLV-Präsident Prokop, meint damit allerdings nicht die deutschen Leistungen, sondern das Fehlstarttheater von Jon Drummond)

Montag, 3. Tag

„Ich bin gut gesprungen.“ (Annika Becker über ihre Silbermedaille im Stabhochsprung)

„Das ist eine Erleichterung und gibt hoffentlich einen Schub. Wir sind am liebsten erfolgreich.“ (Mannschaftsleiter Nickel)

„Danke, du hast heute unsere Serie gestartet.“ (DLV-Präsi Prokop zu Annika Becker)

„Hektik zu verbreiten wäre fehl am Platz.“ (Mannschaftsleiter Nickel)

„Das sind zehn Hürden, und eine stand zu doll im Weg.“ (Hürdensprinterin Juliane Sprenger scheitert im Vorlauf)

Dienstag, 4. Tag

„Es war mein erster vierter Platz bei den Erwachsenen.“ (Diskus-Titelverteidiger Lars Riedel)

„Das Rennen war nicht so schnell. Eigentlich hätte mir das entgegenkommen sollen.“ (800-m-Läuferin Claudia Gesell wundert sich über Platz fünf)

„Die Anlage liegt mir einfach nicht.“ (Stabhochspringer Lars Börgeling nach seinem Scheitern in der Qualifikation)

„Die Rückwand des Einstichkastens ist zu steil.“ (Stabhoch-Bundestrainer Leszek Klima)

„Für mich spielt es keine Rolle, ob jemand bei 5,60 m drei Nuller macht oder bei 5,35 m. Da möchte ich zwischen Nullern nicht unterscheiden.“ (Nickel über die Stabhochspringer)

Mittwoch, 5. Tag

„Kneif deinen Arsch zusammen, du dumme Sau!“ (Geher-Bundestrainer Ronald Weigel treibt Andreas Erm zu Bronze)

„Wahnsinn. Unfassbar. Ich bin total breit.“ (Geher Erm, nachdem er den Arsch zusammengekniffen hat)

„Nicht mal 18 Meter. Ich bin froh, wenn mich jetzt einer in die Arme nimmt.“ (Astrid Kumbernuss, traurig gescheitert in der Qualifikation)

„Im Moment habe ich keinen Nachdenkebedarf, geschweige denn einen Handlungsbedarf.“ (Nickel)

„Wenn jemand nicht erfolgreich arbeitet, bedeutet das, dass die Erfolgskomponente sich nicht verwirklicht. Das ist ein abstraktes Prinzip.“ (Prokop über DLV-Cheftrainer Schubert)

Donnerstag, 6. Tag

„Am Ende war ich froh, dass ich so souverän war und die deutsche Fahne hochgehalten habe.“ (Stabhochspringer Tim Lobinger über Platz fünf)

„Ich bin jetzt per du mit ihm.“ (Zehnkämpfer André Niklaus über seinen neuen Freund Roman Sebrle)

„Das hier ist ein ganz anderes Niveau als bei den deutschen Meisterschaften.“ (Weitspringerin Bianca Kappler nach ihrem Vorkampf-Aus)

„Manche Athleten sind sich zu schade, sich richtig zu schinden und zu quälen. Da sind viele Softies dabei.“ (Die ehemalige Weitspringerin Heike Drechsler meldet sich zu Wort)

„Ich halte solche Pauschalkritik an unseren Aktiven – wie Weicheier oder anderes – für unsinnig und nicht nützlich.“ (DLV-Präsi Prokop kritisiert die Drechsler-Kritik)

„Das Kind ist in den Brunnen gefallen. Die Töne werden nun aggressiver, und es gibt böse Worte. Doch diese Selbstzerfleischung kann tödlich sein.“ (Tim Lobinger)

Freitag, 7. Tag

„Ich habe keine Erklärung. Die Spannung hat gefehlt, der Regen hat mich irritiert.“ (Hochspringerin Daniela Rath nach ihrem Aus im Vorkampf)

„Wir haben unser Ziel nicht erreicht. An die ganz großen Wunder glaube ich nicht mehr.“ (Mannschaftsleiter Nickel)

„Das ist schon ernüchternd. Aber die Stunde der Wahrheit schlägt erst in Athen.“ (DLV-Präsi Prokop setzt auf die Zukunft)

Samstag, 8. Tag

„Ich bin happy. Es ist ein gigantisches Gefühl, auf dem Treppchen stehen zu können.“ (Speerwerferin Steffi Nerius steht mit Bronze auf dem Treppchen)

„Ich bin dankbar, dass ich in Paris so viele Ratschläge zur Fortentwicklung der deutschen Leichtathletik bekommen habe wie noch nie.“ (Mannschaftsleiter Nickel bedankt sich bei DSB-Präsident von Richthofen für dessen Feststellung, die deutsche Leichtathletik stecke in der Krise)

Sonntag, letzter Tag

„So schön bunt war eine Leichtathletik-WM noch nie. Echt schade, dass wir nicht so richtig dabei waren.“ (Bild am Sonntag)