Kandidaten wechseln, Mehrheiten eher nicht

Serie zur NRW-Kommunalwahl am 26. September. Heute: In Herne droht der SPD Konkurrenz aus den eigenen Reihen

Herne?

In der strukturschwachen Emscher-Lippe-Region. 170.000 Einwohner. Davon 70.000 zwangseingemeindete Wanne-Eickeler. In den 1870er Jahren gehörte das Amt Herne (inkl. Wanne!) zu Bochum. Arbeitslosentechnisch immer noch. Die Herner Quote liegt konstant über 15 Prozent. Besserung nicht in Sicht. Auch der Fußball ist nur noch fünftklassig. Die Traditionsclubs Westfalia Herne und SV Sodingen spielen in der Verbandsliga. Gibt es auch was Gutes? Cranger Kirmes, Revierpark Gysenberg, Flottmann-Hallen. Für Zyniker: die U-Bahn nach Bochum.

Wer hat was zu verlieren?

Die SPD ist knapp stärkste Partei. Der OB-Posten wackelt. Bei der Europawahl lagen die Sozis nur noch drei Prozent vor der CDU.

Wer regiert im Rathaus?

Wolfgang Becker (SPD), seit 1994. Scheidet altersbedingt aus.

Wer will da rein?

Becker-Nachfolger soll Fraktionschef Horst Schiereck werden. Das Thema: die geplante Forensik im Ortsteil Bickern. Die Stadt (mit den Fraktion von SPD, CDU und Grünen) klagt gegen den Bau. Die Herner Sozialdemokraten gehen dabei auf Opposition zur Landespartei und hoffen, vom Negativtrend verschont zu bleiben. Die Herner Landtags-Abgeordnete Gabriele Gorcitza (SPD) gibt im nächsten Jahr entnervt auf. Für die CDU am Start: Markus Schlüter, 36, Diplom-Kaufmann. Sein Problem: 2000 als Landtags-Kandidat gescheitert. Forensik-Thema ist durch SPD besetzt.

Was gibt es im Wahlkampf außer Kugelschreibern?

Die SPD will „Bewährtes sichern“ und setzt auf die Prominenz des Bundestagsabgeordneten Gerd Bollmann. Schlüter macht Termine mit dem CDA-Vorsitzenden He-Jo Arentz. Die grüne OB-Kandidatin Dorothea Schulte lädt am zum Grillfest in den eigenen Garten. Ärger droht durch die „Alternative Liste für soziale Gerechtigkeit, Arbeit und Demokratie“. Das Bündnis aus linken Sozis und Gewerkschaften kämpft um enttäuschte SPD-Wähler. Ideologische Kämpfe um das Verhältnis zur maoistischen MLPD schmälern deren Aussichten.

Wer hat die schönsten Wahlplakate?

Mit dem Slogan „Wichtig ist auf‘m Platz“, grüßte SPD-Kandidat während der Fußball-EM von rund 700 Europawahl-Plakaten. Zehn Tage vor dem offiziellen Beginn des Kommunalwahlkampfes. Gab trotzdem keinen Ärger. „Wichtig ist im Rathaus. Finale ist am 26. September“ versucht Schlüter nun zu kontern.

Die taz-Prognose

Eher unentschieden. Die Alternative Liste könnte zum Faktor werden. HOLGER PAULER