Hören se mal: Verstimmte Irgendwasse im Römer
: SEDIFY ME! Quo vadis Zumutbarkeitsregel?

Es sei DIY („Do It Yourself“) der Normalzustand, das Realitätsprinzip – der mühselige Alltag, in dem man letztlich doch wieder alles selbst machen muss. Stress, Überforderung, Herzinfarkt. Mit einem Wort: DIY ist ungesund. Heimwerker und Hausfrauen mögen ja noch drauf schwören, aber die Ideale unseres aufgeklärten Hedo-Konsumismus sehen anders aus.

Eher so wie das erklärte Ziel der Band The Thermals aus Portland (USA). Dieses heisst (mit drei Bonusbuchstaben): SEDIFY – „Someone Else Does It For You“ (die Abkürzung haben sie sich angeblich patentieren lassen).

Nach wahrscheinlich abertausenden durchgrübelter Nächte kamen die drei jungen Männer 2002 auf die glorreiche Idee, wie dieser Zustand am schnellsten zu erreichen wäre. Erkenntnis und Tat waren eins: Eine Band mit der Vorsilbe The gründen und so berühmt werden, dass kein Handschlag jemals mehr selbst getan werden müsse.

So geschah es dann auch - und heute sind sie The Thermals.

Noch allerdings sind sie vor allem auf Mundpropaganda und „Klingen wie“-Vergleiche angewiesen. Bemüht werden dann vor allem die Strokes oder 80er- Ikonen wie Guided By Voices und die Ramones. Das trifft zwar zu, aber es nervt selbstverständlich auch. Kann denn niemand mehr eine junge Band ihren Weg gehen lassen, ohne sie mit ihren vermeintlichen Vorbildern erschlagen zu wollen? Sind solche idiotischen Maßstäbe nicht völlig unangebracht, wenn eine Band selbst Talent hat und niemand anderen braucht? Ist Individualität denn nichts anderes mehr als eine geglückte Mischung der Ideen anderer?

In diesem Fall: Nein. Weil die Thermals klingen, als sei das Wort Retro-Rock für sie erfunden worden. Zudem werden sie von Nirvanas Ex-Label SUB POP verkauft, sind so per se hip.

Das indes ist noch lange kein Grund, ihren verzerrten Gitarren, der überdrehten Stimme und den im Ohr klebenden Melodien nicht doch eine Chance zu geben. Gelegenheit dazu gibt es am Samstag im frühlings mit neuem Konzept neu eröffneten Römer - die Indie-Jugend soll hier gewonnen werden. Die spex- und intro-lesenden Kids mit ausgeprägten Über-Ichs, denen Charlotte Roche auf Viva noch eine Meinung geigen kann - und die lautet ungefähr so: The Thermals, neues Album: Fuckin A. Kaufen.

Und noch, noch spielen sie ihre verstimmten Irgendwasse selbst. Robert Best

Samstag, 21 Uhr im Römer: The Thermals + The Ramenoes