Kino voller Zahlen und Figuren

Die Faustregel fürs Kino: Filme, die sich erschöpfend nacherzählen lassen, braucht man eigentlich gar nicht mehr selber anzuschauen. Weil so ein Film sollte schon mehr für die Augen bieten als eine einigermaßen flott abgespulte Geschichte. Wie zum Beispiel all das ins Bild gesetzt ist, was im Film gezeigt werden soll (oder eben auch nicht, wenn man zum Beispiel an die Mordsequenz in der Dusche bei Hitchcocks „Psycho“ denkt). Versucht man das mit seinen eigenen Worten wiederzugeben, ist man schnell beim filmwissenschaftlichen Seminar angelangt, in dem man doch auch mal untersuchen könnte, wie es Peter Greenaway geschafft hat, mit seinen Filmen, die in etwa dem Lösen eines Zeit-Kreuzworträtsels vergleichbar sind, dennoch ansehnliche Erfolge an den Kinokassen zu landen. Bei einer gerade im Filmkunsthaus Babylon laufenden kleinen Werkschau lässt sich sehen, dass es vor allem Zahlen und Figuren sind, die den britischen Regisseur wirklich interessieren. Solche Verschlüsselungen geben ihm schon genug an Plot ab, an dem er seine Filme einfach durchbuchstabieren kann, wie etwa bei der „Verschwörung der Frauen“ – im Originaltitel deutlicher: „Drowning by Numbers“ – (14. und 15. August) oder dem Rätselspiel in „Der Kontrakt des Zeichners“ (6. und 7. August), bei dem Zweimal-Gucken durchaus hilfreich sein kann, um wirklich alle Facetten des Vexierspiels für sich zu klären. Aber ein Film soll sich ja gar nicht nacherzählen lassen. Selbst wenn man manche Anschlüsse nicht mitkriegt, verliert der Film nichts an Reiz. Was wohl mit an der perlenden Musik von Michael Nyman (der fast alle Soundtracks der Greenaway-Filme geschrieben hat) liegt, die dem Bilderstrudel viel von dessen abstrakter Arithmetik nimmt und damit dem distinguierten, spröden Kunstkino Greenaways eine wunderbar beschwingte Leichtigkeit gibt. TM