„Es gibt doch überall Streit“

… warum sollte da die Gewerkschaft eine Ausnahme bilden?, fragt Sonja Vollrath. Die 18-Jährige will mit ihrer Mitgliedschaft die Zukunft der Organisation sichern helfen

taz: Frau Vollrath, für oder gegen Jürgen Peters?

Sonja Vollrath: Da kann man nicht dafür oder dagegen sein. Ich bin für eine starke IG Metall.

Warum kann man nicht für oder gegen Jürgen Peters sein?

Weil es wie bei jedem Menschen etwas Gutes und Schlechtes gibt. Das ist bei jedem Mitglied im Vorstand so.

Was ist die gute Seite von Jürgen Peters?

Er hat Durchhaltevermögen, Kampfkraft und weiß, wohin er will.

Sie sind jung, Sie sind eine Frau – fühlen Sie sich manchmal allein in der IG Metall?

Ja, aber Minderheiten müssen ja vertreten werden. Außerdem müssen die Jungen dafür sorgen, dass die Gewerkschaft nicht ausstirbt. Mit dem Mangel an jungen weiblichen Mitgliedern ist das sowieso so eine Sache: Bei den Metallern gibt es eben viele Gewerbliche, also naturgemäß eher Männer. Überhaupt fängt man erst mit 16 Jahren an mit seiner Lehre – und muss bis 60 arbeiten. Da ist doch klar, dass Ältere eher vertreten sind.

Wäre die IG Metall jünger, hätte das auch inhaltliche Konsequenzen?

Junge Leute sehen ihr Leben anders. Und von jeder Generation muss etwas in die IG Metall eingebracht werden, damit sich jeder vertreten fühlt.

Und Ihre Generation denkt anders?

Wir haben andere Zukunftsvorstellungen als ein Arbeiter vor der Pension. Wir wollen erst noch eine Familie gründen, ein Haus bauen, Karriere machen. Das hat ein 55-Jähriger wahrscheinlich schon hinter sich. Er kann sich jetzt um seine Rente kümmern, ich dagegen muss erst mal schauen, dass ich eine Arbeit habe, damit ich das finanzieren kann.

Aber muss man dafür unbedingt in die IG Metall eintreten – vor allem, nachdem Ihre Gewerkschaft nach dem verlorenen Streik im Osten in eine Führungskrise geschlittert ist? Ist das für 16-Jährige sexy?

Es gibt doch überall Streit. Wir sind hier, um für die Zukunft Entscheidungen zu treffen. Und es werden immer Fehler gemacht, die gibt es in der Bundesregierung oder in einer Fußballmannschaft. Warum soll da die Gewerkschaft eine Ausnahme sein?

Warum sind Sie mit 16 Jahren in die IG Metall eingetreten?

Ich möchte etwas bewegen und meine Zukunft mitbestimmen. Und mit den Vorstellungen der rot-grünen Regierung kann es sich kein Mensch mehr leisten, Kinder überhaupt in die Welt zu setzen. Und wenn er es doch tut, dann haben die Kinder keine Zukunft.

Warum dann die IG Metall?

Als ich angefangen habe zu arbeiten, war die IG Metall das naheliegendste Gremium, wo ich am schnellsten in meinem Betrieb etwas verändern kann. Da nehme ich an Aktionen teil, die direkt in meiner Stadt passieren.

Sie müssen direkt sehen, welche Ergebnisse Politik hat?

Ja, es muss nah sein.

INTERVIEW: THILO KNOTT