CDU: Wessis zu faul

CDU-Chefin Angela Merkel plädiert für längere Arbeitszeiten für Wessis, analog zu Ostdeutschland. Atomausstieg wieder rückgängig machen

BERLIN taz/dpa ■ Angela Merkel hat sich positioniert. In einem Interview für die Bild am Sonntag ließ die CDU-Vorsitzende kaum ein innenpolitisches Thema aus. So forderte sie, dass die Beschäftigten „ein oder zwei Stunden pro Woche mehr“ arbeiten sollten. „Richtig wäre, die West-Arbeitszeiten denen im Osten anzupassen.“ DGB-Chef Michael Sommer widersprach. Dadurch „würden hunderttausende Arbeitsplätze vernichtet“. Deutschland sei Exportweltmeister – die Stundenlöhne seien demnach kein Problem.

Merkel äußerte sich indirekt auch zu eigenen Karrierewünschen. Man werde bis 2006 „keine Personaldebatte“ um den Kanzlerkandidaten der Union führen. Sicher sei jedoch, dass sie als CDU-Vorsitzende und Fraktionschefin „ein gewichtiges Wort mitzusprechen“ habe. Diesen Kurs schlug auch CSU-Chef Edmund Stoiber ein. Der bayerische Ministerpräsident dementierte einen Bericht der Leipziger Volkszeitung. Das Blatt hatte sich auf CSU-Führungskreise berufen und gemeldet, dass Stoiber im Falle eines überwältigenden Erfolgs bei den bayerischen Landtagswahlen eventuell nochmals als Kanzlerkandidat antrete. „Reine Spekulationen“, wiegelte Stoiber gestern ab.

Bei der Rentenversicherung forderte Merkel, die Kindererziehungszeiten stärker zu berücksichtigen. Bisher werden drei Jahre für alle Kinder angerechnet, die ab 1992 geboren wurden. Der Spiegel meldete, die unionsinterne Herzog-Kommission debattiere eine Anrechnungsfrist von bis zu neun Jahren.

Merkel kündigte an, den Atomausstieg im Falle eines Wahlsiegs rückgängig zu machen. Sie zählte die Kernenergie neben Genforschung und Pharmaindustrie zu den „Zukunftsbranchen“, die aus Deutschland „vergrault“ würden. „Allein mit der unrentablen Windenergie“ könne man kein Geld verdienen. Dieses Urteil deckt sich nicht ganz mit der Wählermeinung: Nach Umfragen sind 66 Prozent der Bürger für „viel mehr Windräder“. 96 Prozent favorisieren die Solarenergie. Allerdings halten 58 Prozent der Männer und 44 Prozent der Frauen die Atomenergie für notwendig. U. H.

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