Sudan: Die Militärs gehen in Stellung

Zusammenspiel oder Rivalität? Soldaten aus Frankreich schützen Darfur-Flüchtlinge im Osten des Tschad, Soldaten von Frankreichs Erzfeind Ruanda sollen in Darfur selbst als Teil einer afrikanischen Eingreiftruppe landen

VON DOMINIC JOHNSON

Ausgerechnet die Erzfeinde Frankreich und Ruanda rücken an vorderste Front der militärischen Eingreifbemühungen für Sudans Krisenregion Darfur. Im Osten des Tschad, der an Darfur grenzt, haben seit dem Wochenende 200 französische Soldaten Position an der Grenze bezogen, um „zur Stabilität und Sicherheit“ beizutragen. In Darfur selbst sollen ab Anfang nächster Woche aus Ruanda die ersten Elemente einer Eingreiftruppe der Afrikanischen Union (AU) landen. Ruanda und Nigeria wollen je 1.000 Soldaten schicken.

Die Franzosen im Tschad sollen Übergriffe der regierungstreuen Janjaweed-Milizen des Sudan, die in Darfur die Zivilbevölkerung vertreiben, auf Darfur-Flüchtlinge in tschadischem Gebiet verhindern. Tschad beherbergt ein ständiges französisches Truppenkontingent von 950 Mann, stationiert in der Hauptstadt N’djamena sowie in der größten osttschadischen Stadt Abéché. Dort koordiniert das UN-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR die internationale Hilfe für die mittlerweile über 160.000 Darfur-Flüchtlinge im Tschad, von denen sich nach UN-Angaben rund 145.000 in Lagern befinden. Die Franzosen sicherten bereits das UNHCR-Gelände in Abéché militärisch und bringen jetzt Hilfsgüter auf dem Luftweg in die Stadt. Ihre Truppenentsendung hängt aber auch damit zusammen, dass es im Juli zu Unruhen in zwei Darfur-Flüchtlingslagern kam. Die tschadische Armee riegelte die Lager Farchana und Brejing ab und verkündete hinterher die Festnahme eines saudischen Al-Qaida-Mitgliedes.

Die Eingreiftruppe der AU in Darfur selbst war bisher auf lediglich 360 Mann geplant, zuständig für den Schutz einer AU-Beobachtermission. Am Dienstag erklärten sich die Niederlande bereit, den Einflug der Afrikaner zu bezahlen. Doch seit Monaten verlangen einige afrikanische Länder, die Vertreibungen in Darfur nicht nur zu beobachten, sondern auch dagegen einzuschreiten. AU-Generalsekretär Alpha Oumar Konaré hat sich in diesem Sinne geäußert. Ruanda gehört zu den Interventionsbefürwortern, seit UN-Generalsekretär Kofi Annan am 10. Jahrestag des ruandischen Völkermordes von 1994 am 7. April in Genf öffentlich eine Parallele zwischen dem Völkermord in Ruanda und den Vorgängen in Darfur zog.

Frankreich hingegen gehört zu den Ländern, die bei den Debatten im UN-Sicherheitsrat über Sudan letzte Woche darauf drängten, aus der am Freitag verabschiedeten Resolution die explizite Androhung von Sanktionen zu streichen. In der Resolution wird dem Sudan lediglich mit „Maßnahmen“ gedroht, sollten die Milizen in Darfur nicht binnen 30 Tagen gezügelt worden sein. Zuweilen wird aus UN-Kreisen angedeutet, diese 30-Tage-Frist könne verlängert werden, sofern bis zu ihrem Ablauf Fortschritte zu erkennen seien.

So birgt die Gegenüberstellung ruandischer und französischer Truppen im Darfur-Kontext Brisanz, zumal ein Franzose zum Kommando der bereits in Darfur anwesenden AU-Beobachter gehört. Ruanda ist davon überzeugt, dass Frankreich eine führende Rolle bei der Vorbereitung des Völkermordes an rund einer Million Menschen in Ruanda 1994 spielte.

Kein Wunder, dass Sudan überhaupt kein Problem mit den Franzosen im Tschad hat, wohl aber mit jeder Truppe in Darfur selbst, deren Mandat über das Beobachten hinausgeht – ob aus Afrika oder woandersher. Aus den USA, Großbritannien und auch aus Deutschland sind Forderungen nach einer Militärintervention in Darfur gekommen. Sudan lehnt dies routinemäßig als Neuauflage des Irakkrieges ab und sichert sich damit Rückendeckung in der arabischen Welt.