AKW Esenshamm feiert ohne Weser

Atomkraftwerk Unterweser könnte noch 35 weitere Jahre laufen, freut sich der Werksleiter beim 25-jährigen Jubiläum. Grüne und CDU im Landkreis stellen gemeinsam kritische Fragen zur Belastung der Weser und erinnern an alten Auftrag

von KLAUS WOLSCHNER

Das Atomkraftwerk Unterweser bei Kleinensiel/Esenshamm im Landkreis Wesermarsch hat gestern sein 25-jähriges Bestehen gefeiert. Es sei der weltweit produktivste Atommeiler, freuten sich Werksleiter Karl Ramler und die Betreiber-Gesellschaft Eon: In den Jahren seines Bestehens habe das Atomkraftwerk mehr als 226 Milliarden Kilowattstunden Strom produziert – so viel, wie in 71 Millionen Tonnen Steinkohle steckten. Der Generator sei über 180.000 Stunden in Betrieb gewesen.

Vor den geladenen Jubiläumsgästen deutete der Werksleiter an, dass er immer noch darauf setze, das Kraftwerk länger als die bisher vereinbarte Restlaufzeit (2012) in Betrieb zu halten. Die technische Lebensdauer könne 60 Jahre betragen. Wenn nach 2012 eine Energielücke auftreten würde, so Ramler, dann würden „alle Energieträger in einem ausgewogenen Energiemix“ neu beansprucht. „Aus diesen Gründen halten wir den Ausstieg aus der Kernenergie für falsch.“ Gleichzeitig sprach Ramler den kritischen Punkt des AKW Esenshamm an: „Die Anzahl der erzeugten kWh könnte sicherlich noch um einiges größer sein, hätten uns die hohen Temperaturen einiger Sommer nicht immer wieder gezwungen, die Leistung zu reduzieren.“

Für das AKW Grohnde, das über Kühltürme verfügt, gelten solche Einschränkungen nicht. Aber warum gibt es in Esenshamm keine Kühltürme? Die Fraktionen von Grünen und CDU aus dem Landkreis Wesermarsch unternehmen jetzt einen neuen Vorstoß, die Landesregierung in Hannover mit dieser alten kritischen Frage zu konfrontieren. Hans-Otto Meyer-Ott, als AKW-Kritiker vor 25 Jahren schon dabei, will gemeinsam mit dem CDU-Fraktionschef im Kreistag, Hartmut Schulz, die Landesregierung zwingen, ein schon 1993 zugesagtes wasserrechtliches Gutachten in Auftrag zu geben.

Hintergrund ist ein Problem, das in diesem Sommer besonders kritisch geworden ist, als die Weser-Temperatur auf 26 Grad stieg. 1993 hatte sowohl die damalige rot-grüne Landesregierung in Hannover wie die in Bremen ein Gutachten über die wasserrechtliche Problematik der alten Genehmigung und auch die Gutachter-Vorschläge der Bürgerinitiative akzeptiert. Die SPD hatte den Gutachterauftrag dann allerdings bald blockiert. Aus einem schlichten Grund, sagt Hans-Otto Meyer-Ott: Mit der Genehmigung, das AKW Esenshamm ohne Kühltürme betreiben zu können, unterlief die Landesregierung de facto den alten Weser-Lastplan. Bremens damaliger Bürgermeister Hans Koschnick verzichtete auf seine Möglichkeit, dagegen zu klagen, und handelte sich dafür die Zustimmung Niedersachsens zur Industrialisierung der Luneplate ein. Ein Gutachten, davon sind die Kritiker überzeugt, würde aufzeigen, dass das Weserwasser nicht zur Kühlung und zur Verdünnung radioaktiver Abwässer benutzt werden darf.