kitagebühren
: Die Diskussion läuft schief

Ist das Klagen auf hohem Niveau? Wer als Berliner Mutter oder Vater Klage darüber führt, alles werde teurer, die Kinder äßen einem noch die Haare vom Kopf und auch die Kitagebühren stiegen, erntet von Eltern aus Großstädten des Westens wie Hamburg oder München meist nur ein müdes Lächeln: Solche Probleme wollen die erst einmal haben. Denn dass Berlin überhaupt so viele Kitaplätze hat, ist eines der wenigen positiven Erbstücke seiner hälftigen DDR-Vergangenheit. Motto: Es war nicht alles schlecht in Honnis Reich. Es gab die schöne Hymne, den grünen Pfeil – und eben die phänomenal billigen und vielen Kitaplätze. Von dieser Tradition profitieren heute alle, ob Ost, ob West.

Kommentar von PHILIPP GESSLER

Dennoch: Es gibt Grund zur Klage, denn die Erhöhung von Kitagebühren ist immer das falsche Signal in einem Land, das zunehmend vergreist und das bis heute nicht das Problem gelöst hat, wie vor allem Mütter Beruf und Familie unter einen Hut bringen können. Dass fast 50 Prozent der Eltern genauso viel zahlen wie bisher, ist da als Trost nur schwach: Mehr als die Hälfte zahlen also mehr, und das ist in einer armen Stadt wie Berlin auf jeden Fall negativ.

Wenn PDS-Fraktionschef Liebich dann auch noch die Erhöhung der monatlichen Kitagebühren bei Spitzenverdienern um weit mehr als 100 Euro als Ausdruck „sozialer Gerechtigkeit“ feiert, läuft die Diskussion schief: Kinder von Reichen sollten der Stadt so lieb und teuer sein wie Kinder von Armen. Wer mehr zahlen muss, sollte sich nicht auch noch solche indirekte Häme gefallen lassen müssen. Auf dem Teppich bleiben sollten aber auch die Besserverdienenden: Sie zahlen umgerechnet nur etwa 2,30 Euro pro Stunde Kitabetreuung. Ist ihnen ihr Kind das nicht wert?

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