schurians rund welten
: playstation ist extra

„Es ist leider so, dass die Nebenkriegsschauplätze im Fußball immer mehr das Bild bestimmen.“ (Heiko Scholz, MSV)

Wo andere Menschen heiraten, schlug die Nationalelf ihr Trainingslager auf. Zur Euro 2000 bezogen sie im Kasteel Vaalsbrock Quartier. Ein Fußweg führt an einem Renaissance-Mausoleum vorbei zum Dreiländerpunkt; zur Jahrhundertwende sogar ein Vierländerpunkt: Neutral-Moresnet traf hier unweit des Aachener Stadtrands auf Deutschland, Belgien, Holland.

Heute, vier lange Fußballjahre später, liegt immer noch Erich Ribbecks ‚Eaux Sauvage‘ in der Luft, sein erlesener Geschmack. Zum Golfplatz in den Vaalser Bergen musste er nur die Straße überqueren. Das Buffet kredenzte dazu hausgebeizten Lachs, norwegische Krabben, Entenbrust aus Frankreich. Sein Pressefrühstück nahm Ribbeck im Park ein, auf der Herrenterrasse. Wie gesagt: ein Heiratsidyll.

Nach drei Spielen und zwei Pleiten gegen England und Portugal war die deutsche Euro bekanntlich schon wieder aus. Am 20. Juni mussten sie den Rückweg angetreten. Und einzig der damalige Schatzmeister und künftige DFB-Präsident Theo Zwanziger dürfte nach dem Vorrundenaus aufgeatmet haben.

Seinen Gästen bietet das Kastel nicht nur eine Badewanne mit Minibar, aufgewickelt findet sich eine Playstationtastatur neben dem Fernseher. Zur Auswahl stehen Tekken oder Fifa Soccer 2000 (ausgerechnet). Zwanziger wird das kaum bemerkt haben, erst beim Auschecken wird ihn die Rezeptionistin darauf aufmerksam gemacht haben: „Ssär Ssön, dan bekom ik van ihnen 15.000 Chulden oder 14.000 Maak, asjeblieft. Playstation kost nemlisch ekschtra!

9.8. Aachen - Frankfurt

Vermutlich wird Zwanziger auch damals bei seiner persönlichen Blamage am Vaalser Counterthresen gedacht haben: Warum bin ich nicht DFB-Präsident? Im deutschen Grenzland ging es Egidius Braun gerade sehr schlecht, und dass ausgerechnet das Hechtgesicht Pater Braun nachfolgen würde, konnte niemand ahnen...

Doch vorbei mit den Nebenkriegsschauplätzen. Wie im Fluge verging der Sommer, schon treten sie wieder vor die Pocke. Und Aachen hat Glück. Weil der Fernsehmammon alles bestimmt, müssen die Zweitligakollegen aus Essen oder Duisburg am Samstag ausnahmsweise um 13 Uhr spielen. In der Glutsonne.

Der Grund: Premiere. Weil die kein Erbarmen kennen, restlos alles ausstrahlen, aber nicht mit dem Ligaauftakt Bremen gegen Schalke kollidieren wollen, blieb nur Samstag zur Mittagszeit. Aber wer bleibt dann zuhause, geht nicht auf den Markt oder ins Freibad und sieht sich Karlsruhe gegen Burghausen an?

Aachen hat es da mit dem einst gehassten Montagsspiel besser getroffen. Und wenn der Abgang von Karlheinz Pflipsen nicht zu verdauen wäre, die Öche Elftal wäre unser Aufstiegsfavorit. CHRISTOPH SCHURIAN