Herr der Organigramme

Mit Ilja Kaenzig hat Präsident Martin Kind einen Schweizer Jung-Manager gefunden, der Hannover 96 in seinem Sinne strukturiert

aus HANNOVER René Martens

„Das Problem werden Sie immer haben, wenn die Kommunikation nicht professionell abgewickelt wird“, sagt Ilja Kaenzig in sein Mobiltelefon. Und eine Minute später, zum nächsten Anrufer: „Das geht gar nicht, das geht gar nicht.“ Man weiß zwar nicht, um was genau es geht, aber es muss was mit den neuen organisatorischen Abläufen zu tun haben, die der Manager von Hannover 96 seinen Mitarbeitern seit sechs Wochen einbläut.

Wenn morgen Bayer Leverkusen und Hannover aufeinander treffen, wirkt das nicht wie eine besondere Saisonauftaktpaarung. Dabei duellieren sich in der BayArena die beiden einzigen Vereine, bei denen in der Sommerpause ein Umbruch im Management stattgefunden hat. Für Bayer beginnt die erste Saison nach dem Ende der Callikratie, und in Hannover zieht mit Kaenzig nun einer die Strippen, der vor zwei Monaten noch Teil dieses Systems Calmund war.

Sagt Kaenzig nun, dass es darauf ankommt, bei 96 „mittelfristig Strukturen zu entwickeln“, möchte er das nicht als Kritik an der Politik der Vergangenheit verstanden wissen: „Vor sechs Jahren hat Hannover ja noch in der Regionalliga gespielt, das vergisst man ab und zu.“ Da habe man den Schwerpunkt der Arbeit „auf die Lösung der kurzfristigen Fragen gesetzt, etwa, dass die Liga gehalten werden konnte. Und dabei sind die Strukturen nicht so schnell mitgekommen.“

„Strukturen“ ist eines der Lieblingsworte des Schweizers, der mit 31 Jahren der jüngste Manager in der Bundesliga ist. Die Manager-Position, wie Kaenzig sie ausfüllt, gab es vorher nicht in Hannover. Den allmächtigen Clubherrscher Martin Kind soll er „entlasten“, wie der Neue selbst sagt, außerdem hat er die Aufgaben des bisherigen Sportdirektors Ricardo Moar übernommen, der kurz nach Kaenzigs Dienstantritt seine Zelte in Hannover abbrechen musste.

Was Kaenzig vorhat, klingt teilweise nach geheimdienstlicher Tätigkeit: „Die richtigen Spieler zu finden, das ist eine große Aufgabe, entscheidend ist, dass man die richtigen Informationen bekommt – und das schneller als die Konkurrenz. Ähnlich wie in Leverkusen soll in Hannover nun „ein Netzwerk“ entstehen, „mit dem wir Märkte beobachten und durchleuchten. Da spielt es keine Rolle, ob der Klub klein oder groß ist, sonst hätten wir mit Leverkusen ja auch keine Transfer-Coups landen können, bei denen wir schneller waren als Real, Barcelona oder andere Größen der Welt.“

Kaenzig will den Klub nicht nur im Transfergeschäft neu aufstellen, auch „banale Dinge“ stehen auf der Agenda: „Organigramme entwickeln, Stellenbeschreibungen erstellen und jedem erst mal mitteilen, was man von ihm erwartet und was sein Kompetenzbereich ist.“ Kaenzig soll die Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass der Klub sein „Kundenpotenzial“ ausschöpfen kann, zumal die im Januar 2005 fertig gestellte AWD-Arena dafür beste Voraussetzungen schafft. „Hannover war 13 Jahre weg aus der 1. Liga, und trotzdem war in diesen schlechten Zeiten die Unterstützung der Zuschauer und der Wirtschaft gut“, sagt Kaenzig. „Also ist für die guten Zeiten noch viel Spielraum vorhanden.“