Jukebox

Die singende Säge zum Solo bitte!

The Blues Explosion. Der Kumpel vom Baumwollfeld (1. Klischee). Der traurige Alte (noch eins). Aber Blues boomt. Was auch an der von Martin Scorsese initiierten Filmreihe liegt, mit der die Geschichte des Blues aufgearbeitet werden soll, und da war es klar, dass dann einer aufstehen musste und sagen, dass das alles ganz anders war und nicht brav dem Traum des weißen Mannes folgte, der bei seiner Suche nach dem „Echten“ sich am authentischen Leiden erfreuen wollte, zur eigenen Erbauung, wenn er abends aus seinem Bürojob nach Hause kam. Und das sollte der schwarze Mann doch am besten können: Leiden. Elijah Wald stand also auf und hat in seinem Buch „Escaping the Delta. Robert Johnson and the Invention of the Blues“ gezeigt (siehe taz vom 29. 7.), dass der Blues nicht nur traurig sein wollte, dass er auch den Glamour liebte und sich überhaupt als Pop verstand. Was so neu nun auch nicht war.

Wichtiger Einwand Walds allerdings, doch bitte die vielen Musiker nicht zu vergessen, die ihre Bedeutung haben, auch wenn die Rolling Stones keines ihrer Lieder coverten, weil sie immer nur Robert Johnson die Füße küssten. Was aber für Menschen gilt, gilt auch für Maschinen.

Eines der weniger beachteten Instrumente. Das Kinderspielzeugklavier. Hier und da zu hören und bei John Cage. Oder die Freude von Pippi Langstrumpf. Die singende Säge. Glücklich darf sich schätzen, wer sie mal bei Granfaloon Bus gehört hat, für ein Weihnachtslied. Die Röhrenglocke. Hatte Mike Oldfield mit seinen „Tubular Bells“ einen Welthit mit. Nicht viele spielen die Psalter und manche eben doch (als Dulcimer auch bei den Rolling Stones zu hören). Das seltsamste aller Zauberinstrument: das Theremin. Seltsam, weil es berührungsfrei gespielt wird. Hände greifen in die Luft und formen die Töne. Was der Luftgitarrendisziplin Rock natürlich gefällt, weswegen viele mit dem Theremin experimentierten, von Led Zeppelin bis zu Portishead. Gerüchteweise auch die Rolling Stones. Und die Beach Boys. Wobei gerade das vermeintlich bekannteste Beispiel von denen, „Good Vibrations“, kein Theremin ist, sondern irgendeine Fortentwicklung, aber dass und wie dass von Lev Sergejewitch Termen entwickelte Instrument überhaupt funktioniert, kann man zum Beispiel unter www.bird.musik.uni-osnabrueck.de/virtsem2002/theremin/theremin.htm nachlesen.

Ein weiterer Theremin-Fan: Jon Spencer. Der auch krachenden Blues macht, am Donnerstag im Palais der Kulturbrauerei. Mit The Blues Explosion. Wieder mal kommt alles zusammen.

THOMAS MAUCH