Stück für Stück nach vorn gestrampelt

Mariano Rajoy, neuer Spitzenkandidat der spanischen Volkspartei, soll 2004 den dritten Wahlsieg in Folge einfahren

Von „geländetauglich“ bis zum „stabilen Wert“ lauten die Bewertungen der spanischen Presse, wenn es um Mariano Rajoy, den neuen Kandidaten der konservativen Regierungspartei, geht. Im kommenden Frühjahr soll er die Partido Popular (PP) zum dritten Sieg in Folge führen. So will es der Regierungs- und Parteichef José María Aznar, der sich nach zwei Legislaturperioden zurückzieht.

Der 48-jährige Rajoy ist seit jeher einer der starken Männer in Aznars Mannschaft. Ob während der BSE-Krise, beim Unglück des Tankers „Prestige“ oder als Motor des Wahlkampfes im Jahr 2000, als die Konservativen die absolute Mehrheit errangen: Aznar konnte sich immer auf den gebürtigen Galicier verlassen.

Rajoy spielte sogar den Feuerwehrmann, wenn er sich lächerlich machte. So meldete er, als die nordwestspanische Atlantikküste längst im Schweröl erstickte, „kleine Fäden, die aus dem Wrack der ‚Prestige‘ aufsteigen“.

Gleich zu Beginn seiner Karriere als Minister unter Aznar rettete er seinen Chef. Zwar wurde die PP 1996 stärkste Partei und besiegte die Sozialisten von Felipe González, aber zum Regieren reichte es nicht. Unterstützung konnte nur von den baskischen und katalanischen Nationalisten kommen. Und die waren der traditionell zentralistisch orientierten Rechten alles andere als wohlgesinnt. Rajoy schaffte das Unmögliche. In wochenlangen Verhandlungen schmiedete er einen Tolerierungspakt. Der Preis: ein neues Finanzgesetz, das den Autonomien mehr Selbstbestimmung über die Steuereinnahmen sicherte.

In den sieben Jahren, in denen die PP regiert, hatte Rajoy vier verschiedene Ministerien inne. Und er machte seine Arbeit gut – im konservativen Sinne seines Herrn. Als Minister für öffentliche Verwaltung krempelte er die Finanzierung der Regionen um und speckte den Staatsapparat ab. Als Bildungs- und Kulturminister reformierte er das Auswahlverfahren für die Hochschulen und unterschrieb einen Staatsvertrag mit der Bischofskonferenz, um die kirchlichen Schulen stärker zu unterstützen. Als Innenminister kann er mit wichtigen Fahndungserfolgen gegen die ETA aufwarten.

In seinem letzten Amt – dem des Vizeregierungschefs und Regierungssprechers – deckte er Aznars Irakpolitik, gegen die Millionen Spanier auf die Straße gingen.

Rajoy wechselte 1990 als junger Regionalabgeordneter von Galicien nach Madrid. Im Parteivorstand wurde er zum Vizegeneralsekretär der PP ernannt. Er hatte zwei Aufgaben. Zum einen sollte er nach einem Skandal wegen illegaler Parteifinanzierung wieder Ordnung schaffen. Zum anderen war er vom Parteivater und galicischen Ministerpräsidenten Manuel Fraga geschickt worden, um auf den neuen Parteichef Aznar aufzupassen. In all seinen Ämtern drängte sich Rajoy nie zu weit in den Vordergrund. Polemischen Debatten in der Partei und mit der Opposition wich er mit seiner ruhigen Art so weit es ging aus.

Noch vor wenigen Monaten hielt er es für unmöglich, Aznars Nachfolger zu werden. Wirtschaftsminister Rodrigo Rato hatte bessere Chancen, bis er Aznars Kriegsbegeisterung nicht teilen wollte. Jahrelang strampelte Rajoy, der seine Freizeit dem Radsport widmet, im Feld mit. Unbemerkt von vielen schob er sich Platz für Platz nach vorn. Jetzt muss er beweisen, ob er das Zeug zum Mannschaftsführer hat. REINER WANDLER