David Kelly fühlte sich verraten

Witwe: Ehemann wusste vorab nichts über Regierungserklärung zum BBC-Bericht

LONDON taz ■ David Kelly ist nicht vorab über die Presseerklärung des britischen Verteidigungsministeriums informiert worden, in der er mehr oder weniger deutlich als Quelle für einen BBC-Bericht benannt wurde. Das sagte Kellys Witwe Janice Kelly gestern vor dem Ausschuss, der den Tod ihres Mannes untersucht. Verteidigungsminister Geoff Hoon und seine Mitarbeiter hatten vorige Woche vor dem Untersuchungsausschuss in London behauptet, man habe die Presseerklärung mit Kelly abgesprochen.

Nach Veröffentlichung dieser Erklärung habe ihr Mann gesagt, dass die Presse „schnell eins und eins zusammenzählen“ und ihn identifizieren würde. Kurz darauf rief das Verteidigungsministerium bei den Kellys an und riet ihnen, das Haus binnen fünf Minuten zu verlassen, da die Reporter bereits auf dem Weg seien.

Einer der Journalisten, Nicholas Rufford von der Sunday Times, hat den Kellys im Auftrag des Medienzaren Rupert Murdoch ein Haus als Unterschlupf angeboten. Als Gegenleistung verlangte er eine Exklusivgeschichte, doch Kelly habe den Reporter hinausgeworfen, sagte Janice Kelly.

Die 58-Jährige machte ihre Aussage über eine Videoverbindung aus einem Nebengebäude, um dem Medienansturm zu entgehen. David Kelly hat sich Mitte Juli offenbar umgebracht, weil er als Informant für einen BBC-Bericht bloßgestellt worden war. In diesem Bericht behauptete der BBC-Reporter Andrew Gilligan, die Regierung habe in einem Dossier vom vergangenen September die vom Irak ausgehende Gefahr übertrieben, um den Krieg zu rechtfertigen.

Ihr Mann habe sich vom Ministerium, seinem Arbeitgeber, verraten gefühlt. Ihm sei versichert worden, dass er anonym bleiben werde, nachdem er seinen Kontakt zu Gilligan freiwillig gemeldet hatte, sagte Janice Kelly und fügte hinzu: „Ich habe ihn nie so verzweifelt erlebt. Sein Herz war gebrochen.“

RALF SOTSCHECK