Gaddafi entschurkt sich

Lockerbie, Niger, „La Belle“: Milliarden sprudeln für die Hinterbliebenen libyscher Terrorakte.Als Belohnung sollen die Sanktionen gegen Libyen fallen. Der „Schurkenstaat“ feiert schon

BERLIN taz ■ Der Rehabilitierung des libyschen Revolutionsregimes von Muammar al-Gaddafi steht nichts mehr im Wege. Die UN-Sanktionen gegen Libyen stehen vor dem Fall, nachdem gestern Frankreich als letzte Vetomacht seinen Widerstand dagegen aufgab. Während in Libyens Hauptstadt Tripolis gestern tausende Frauen zur alljährlichen Revolutionsfeier unter Bannern mit Aufschriften wie „Die Macht, der Wohlstand und die Waffen gehören dem Volk“ durch die Straßen marschierten, bestätigte in Paris die französische Regierung einen Deal mit Libyen zur Entschädigung von Terroropfern, der auf eine ähnliche Einigung zwischen Libyen und Großbritannien folgt. Auch Deutschland soll in den Genuss von Entschädigung kommen.

Es geht um drei der spektakulärsten Terroranschläge der 80er-Jahre. Am 19. September 1989 explodierte über Niger ein französisches Passagierflugzeug mit 170 Menschen an Bord. Am 21. Dezember 1988 explodierte über dem schottischen Lockerbie ein US-Passagierflugzeug mit 259 Insassen; elf weitere Menschen starben am Boden. Am 5. April 1986 forderte ein Bombenanschlag auf die Westberliner Disco „La Belle“ drei Tote und weit über 200 Verletzte; als Rache flogen die USA schwere Luftangriffe auf Libyen und verhängten gegen das Land ein totales Handelsembargo. Für alle drei Ereignisse sind in Gerichtsverfahren Libyer schuldig gesprochen worden.

Die komplette Aufhebung der 1992 verhängten UN-Sanktionen ist nur noch eine Frage von Tagen. Ein entsprechender britischer Resolutionsentwurf liegt dem Sicherheitsrat vor, und seit gestern hält Großbritannien den Ratsvorsitz. Die libysche Gaddafi-Stiftung will auch die „La Belle“-Opfer entschädigen. Die Bundesregierung sprach gestern von einer „neuen und positiven Entwicklung“. Doch ein rasches Ende des US-Embargos ist offenbar nicht in Sicht. D.J.

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