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Archiv-Artikel

Eine Liebe auf dem Postweg

Er malt Ansichtskarten in London, sie Briefmarken im Pazifik. Im Moks-Theater reisen sie zueinander

Der junge Griffin, ein begabter Postkartenmaler, lebt scheu und zurückgezogen in London. Doch das schützt ihn nicht vor den Fallstricken der Liebe. Denn auf der kleinen Insel „Katin“ im Südpazifik lebt die hübsche junge Briefmarkendesignerin Sabine. Und die pirscht sich während der szenischen Lesung „Griffin und Sabine“ des Moks Jugendtheaters auf dem Postweg in sein Leben: „Griffin Moss, wie schön, endlich mit Ihnen Kontakt zu bekommen“, schreibt sie dem Nichtsahnenden, lobt seine Karten und kommentiert Entwürfe und Skizzen, die er nie jemandem gezeigt hat. Griffin ist fasziniert, aber auch entsetzt. Ist die allwissend scheinende Sabine, die er nie getroffen hat, eine Ausgeburt seiner Fantasie?

Kaum ein Zuschauer wird das glauben: Griffin, mit seinem grauen Wollpullover und dem schäfchenhaft-klaren Blick, hat doch keine Wahnvorstellungen! Und auch Sabine, die in ihrem geflickten, orangefarbenen Kittel gedankenverloren Basilikumblättchen knabbert wie ein Koalabär Eukalyptussprossen, wirkt ziemlich bodenständig.

Die beginnende Liebe per Brief- und Postkartenwechsel - die fantastisch-surrealistischen „Datenträger“ werden jeweils auf die Bühnenwand projiziert – ist schwer und leicht zugleich. Ein blitzschneller „Dreh“ am Bühnenschreibtisch - und wir sind bei Sabine im Südpazifik oder in Griffins‘ Londoner Zimmerchen. Nie sind die beiden Darsteller gemein zueinander. Nie streiten sie über sexuelle Unlust oder Bausparverträge. Doch Griffins Angst vor der Liebe lässt ihn eine hektische Flucht durch viele Länder antreten, während Sabine vergeblich per selbstgemalter Epistel um ihn wirbt.

Erst als sich der schurkenhafte Wissenschaftsjournalist Frolatti in die Lovestory drängt, begibt sich Griffin auf die gefahrvolle Reise in den Südpazifik und kriegt am Ende Sabine – vielleicht.

Obwohl „Griffin und Sabine“ kein Jugendstück ist, wirkt die Inszenierung angenehm naiv. Existierst Du wirklich? Darf es Dich geben? Wie kann ich die schier unermessliche Distanz zu Dir überwinden? - so lauten Griffins Fragen, und Sabines fantasievolle Antworten haben nur eine Botschaft: Na klar, trau Dich! Die kunstvoll-farbigen Dia-Postkarten von Nick Bantock, der auch Autor der „Griffin und Sabine“ -Brieftrilogie ist, illustrieren die Gemütszustände und Abenteuer des schreibfreudigen Paars.

Katharina Müller

Weitere Vorstellungen von „Griffin und Sabine“: morgen und Samstag um 21 Uhr im Kontorhaus, Schildstraße