sexuelle schwerhörigkeit von EUGEN EGNER
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Mit aller Gewalt bemühe ich mich um die Gunst einer jungen Dame, obwohl diese nun wirklich gar nichts für mich ist. Um sie mir gewogen zu machen, übernehme ich einfach die Kosten für ihre Wohnung und versuche auch, mich ein wenig bei ihr einzunisten. Notgedrungen lässt sie es sich gefallen, legt aber weiterhin ein eher abweisendes Wesen an den Tag.

Immer wieder verlangt sie Mutproben von mir, heißt mich zum Beispiel ausgesucht lächerliche Kleidung tragen und in dieser sogar an den Arbeitsplatz fahren. Ihre alten Blusen vom Flohmarkt muss ich anziehen und mir knallbunte Pluderhosen kaufen. Lächerlich sind auch die Haarschnitte und Frisuren, zu denen sie mich anstiftet. Ein einziges Mal nur gewährt sie mir die von mir gewünschte Intimität, um mich hernach glauben zu machen, es sei mein Kind, das sie eine Woche später auf meine Kosten abtreiben lässt.

Es wird immer schwerer für mich, die erotische Gewogenheit der Spröden zu erringen; ihre Aufgaben werden von Mal zu Mal unbarmherziger. Eines Tages macht sie zur Bedingung, ich müsse nackt in einen katholischen Gottesdienst eindringen. Das kommt mich hart an, doch ich opfere meine Hemmungen auf dem Altar der schnöden Sinnenlust und gehorche schließlich. Den Brecht’schen Vers „Das ist die sexuelle Hörigkeit“ in den Ohren, stürme ich nach dem Abstreifen der Kleidung ins Kircheninnere. Der Geistliche auf der Kanzel brüllt gerade: „Lasst uns fressen und saufen, denn morgen sind wir tot“, da erscheine ich blank wie weiland Adam, um im nächsten Augenblick zum Ausgang zu fliehen. Der Vorfall wird am übernächsten Tag mit einer wenige Zeilen langen Notiz im Lokalblatt bedacht.

Zwar nimmt meine Auftraggeberin befriedigt Kenntnis davon, das Versprochene aber verwehrt sie mir unter fadenscheinigen Ausreden. Sie fordert, zuerst einmal solle ich eine Wohnung in der Nähe mieten. Dort könne ich mich aufhalten, wann immer sie meiner überdrüssig wäre, und hätte es nicht weit zu ihr, wenn sie mich zu sehen wünscht. Ich willfahre ihr. Während der Nächte, die ich je nach Laune der Frau in dieser Bereitschafts-Unterkunft verbringe, liege ich kompensatorisch trunken auf einer defekten Campingliege mit Schottenmuster.

Meine eigene Wohnung, meinen angestammten, ganz nah bei meiner Arbeitsstätte gelegenen Hauptwohnsitz, bekomme ich nur noch zu sehen, wenn ich etwas hole, das ich in einer meiner beiden anderen Niederlassungen brauche. Vor und nach der Arbeit fahre ich mit Taschen, Beuteln, Koffern und oft auch Elektrogeräten oder Kleinmöbeln zwischen den Punkten A, B und C hin und her. Die entstehenden Miet- und Fahrtkosten zwingen mich zur Aufnahme eines Kredits. Mit dem muss ich dann aber überraschend der jungen Frau und ihren zahlreichen Freunden einen längeren Urlaub in den Tropen finanzieren. Bei den zurückgelassenen Schuhen der Verehrten warte ich hündisch auf deren Rückkunft. Vorsorglich lege ich auch Geld für eine weitere Abtreibung bereit.